Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Rückenteignung von Grundstücken nach dem Gesetz über die Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung (LBeschG) ist die Entschädigung nach den Wertverhältnissen zum Zeitpunkt der Rückenteignung zu bestimmen und nicht mit der ursprünglichen Enteignungsentschädigung gleichzusetzen. Stichtag ist dabei der Erlass des Rückenteignungsbeschlusses, nicht der Tag seiner Unanfechtbarkeit.

2. Die Verzinsung der Rückenteignungsentschädigung beginnt dann, wenn der Rückenteignungsbeschluss Teil B dem Rückenteignungsbeschluss Teil A zeitlich nachfolgt, mit dem Erlass von Teil B.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 31.05.2006; Aktenzeichen 2b O 285/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 03.04.2008; Aktenzeichen III ZR 78/07)

 

Tenor

Die Berufungen beider Parteien gegen das am 31.5.2006 verkündete Urteil der 2b-Zivilkammer des LG Düsseldorf (2b O 285/02) werden zurückgewiesen.

Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt die Beklagte 40 % und die Klägerin 60 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Schuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin war Eigentümerin mehrerer unbebauter Grundstücke in R., welche im Jahre 1963 nach dem Gesetz über die Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung vom 23.2.1957 (LBeschG) zugunsten der Beklagten enteignet wurden. Die Beklagte bebaute das Gelände mit Einfamilienhäusern für Familien der britischen Stationierungsstreitkräfte. Nach dem Abzug dieser Streitkräfte erließ die Bezirksregierung E. zugunsten der Klägerin über einen Teil der Grundstücke den Rückenteignungsbeschluss Teil A vom 1.6.1992. Die Anfechtungsklage der Beklagten hiergegen war in letzter Instanz erfolglos (BVerwG 31.8.2000, NVwZ 2001, 198). Am 1.10.2002 erließ die Bezirksregierung E. den Rückenteignungsbeschluss Teil B, in welchem sie bestimmte, dass die Klägerin an die Beklagte eine Rückenteignungsentschädigung i.H.v. 1.538.000 EUR zu zahlen habe und die Rückenteignungsentschädigung ab dem 1.10.2002 zu verzinsen sei; wegen des genauen Wortlauts und weiteren Inhalts des Rückenteignungsbeschlusses Teil B wird auf Bl. 19 - 28 GA Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass für die Rückenteignungsentschädigung derselbe Betrag je qm anzusetzen sei, wie er 1963 als Enteignungsentschädigung festgesetzt und gezahlt wurde. Sie hat beantragt, unter Aufhebung des Rückenteignungsbeschlusses Teil B der Bezirksregierung E. vom 1.10.2002 die Entschädigung für die Rückenteignung der Fläche Gemarkung R., Flur 1 ..., Flurstücke 2 ..., 2 ... (teilweise) und 2 ... auf 112.024 EUR festzusetzen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, widerklagend, den Rückenteignungsbeschluss Teil B der Bezirksregierung E. vom 1.10.2002 zu AZ 1., zugestellt am 7.10.2002, teilweise abzuändern und die Klägerin zu verpflichten, an die beklagte B. eine weitere Rückenteignungsentschädigung i.H.v. 660.727,16 EUR zzgl. gesetzlicher Zinsen zu zahlen.

Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Rückenteignungsentschädigung dem Wert der Grundstücke zum Zeitpunkt der letztinstanzlichen Entscheidung des BVerwG über den Rückenteignungsbeschluss Teil A (31.8.2000) entsprechen müsse.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das LG hat nach Beweisaufnahme unter teilweiser Abänderung des Rückenteignungsbeschlusses Teil B vom 1.10.2002 die Entschädigung für die Rückenteignung auf 1.372.000 EUR festgesetzt; im Übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, maßgeblich für die Rückenteignungsentschädigung sei gem. §§ 17 Abs. 3, 47 Abs. 1 LBeschG in sinngemäßer Anwendung der Verkehrswert der Grundstücke beim Erlass des Rückenteignungsbeschlusses Teil A, d.h. am 1.6.1992. Dieser Wert betrage nach dem eingeholten, überzeugenden Sachverständigengutachten 1.494.317 EUR. Für die nach dem 1.6.1992 vorgenommene Sanierung der Häuser könne die Beklagte von der Klägerin weder nach dem LBeschG noch aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Anlehnung an das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung etwas verlangen; diese Kosten habe sie auf eigenes Risiko aufgewendet. Durch die anschließende Vermietung der Häuser durch die Beklagte sei eine Minderung des Grundstückswerts um 122.176 EUR eingetreten und damit (gerundet) auf den festgesetzten Betrag. Wie im Rückenteignungsbeschluss Teil B angeordnet, sei die Rückenteignungsentschädigung zu verzinsen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Beklagte beharrt darauf, dass Bewertungsstichtag der 31.8.2000 sein müsse. Bei einer Bewertung nach den Verhältnissen vom 1.6.1992 müsse die Rückenteignungsentschädigung hilfsweise wenigstens ab diesem Tag verzinst werden. Zudem habe das LG die Bewertung per 1.6.1992 in drei Punkten fehlerhaft vorgenommen.

Die Beklagte b...

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