Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 07.11.2013; Aktenzeichen 17 O 169/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7.11.2013 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Wuppertal- 17 O 169/12 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.916,70 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.12.2011 zu zahlen.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 459,40 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.7.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen der Beschädigung eines Pkw auf Zahlung von Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Aufsichtspflicht des Beklagten über seinen minderjährigen Sohn in Anspruch.
Am 13.11.2011 besuchte der zum Zeitpunkt des Schadensereignisses 6 Jahre und 7 Monate alte Sohn des Beklagten die K. in der L. in S., an deren Unterricht er seit August 2011 immer samstags und sonntags teilnimmt und wohin er von seinen Eltern gebracht und nach Unterrichtsschluss wieder abgeholt wird. Am 13.11.2011 fand in der K. eine Mitgliederversammlung, jedoch kein Unterricht statt. Eine Aufsicht über die Kinder durch den die K. tragenden Verein erfolgte nicht. Zum Schadenszeitpunkt befand sich der Sohn des Beklagten gemeinsam mit anderen Schülern auf dem Schulhof der K. Er warf - wie auch andere Kinder - Holzstücke über den Zaun auf das unmittelbar angrenzende Nachbargrundstück. Auf diesem befand sich das klägerische Fahrzeug, an dem Schäden entstanden sind.
Der Beklagte hat behauptet, sein Sohn habe das Fahrzeug nicht wahrgenommen; dieses sei auf Grund der Lage der Grundstücke zueinander und dem gewählten Abstellplatz für seinen Sohn nicht zu sehen gewesen. Ferner hat der Beklagte mit Nichtwissen bestritten, dass sämtliche geltend gemachten Beschädigungen an dem Fahrzeug durch seinen Sohn verursacht worden sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Mit Urteil vom 7.11.2013 hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, eine Haftung des Beklagten gem. § 832 Abs. 1 BGB scheide aus. Der Beklagte habe seiner Aufsichtspflicht genügt. Ihm sei der Entlastungsbeweis gem. § 832 Abs. 1 S. 2 BGB gelungen. Auf den weiteren Inhalt des Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze wird Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache weit überwiegend Erfolg.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Beschädigung des in Streit stehenden Fahrzeugs. Dieser Anspruch folgt aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der Aufsichtspflicht über ein minderjähriges Kind gem. §§ 832 Abs. 1 S. 1, 823 Abs. 1, 830 Abs. 1 S. 2 BGB.
1. Der Beklagte hat seine Aufsichtspflicht verletzt, indem er seinen Sohn am 13.11.2011 über mehrere Stunden auf dem Gelände der K. unbeaufsichtigt belassen hat.
Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, ist gem. § 832 Abs. 1 BGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.
a) Die Tatsache, dass der Sohn des Beklagten im Alter von 6 Jahren und 7 Monaten mit Holzstücken über den Zaun der K. in Richtung des unmittelbar angrenzenden Grundstücks geworfen hat und dadurch Beschädigungen an dem klägerischen Fahrzeug (mit-) entstanden sind, ist zwischen den Parteien unstreitig.
Soweit der Beklagte vorträgt, nicht sämtliche Schäden an dem Fahrzeug seien durch seinen Sohn verursacht worden, und mithin nicht festgestellt werden kann, welche Schäden durch welches Kind konkret verursacht worden sind, ist dies gem. § 830 Abs. 1 S. 2 BGB unschädlich.
Nach dieser Vorschrift ist jeder für einen Schaden verantwortlich, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat. Die Vorschrift des § 830 BGB gilt auch für die Haftung des Aufsichtspflichtigen, wenn - wie hier - der Aufsichtsbedürftige nur aus § 830 Abs. 1 S. 2 BGB in Anspruch genommen werden könnte (vgl. Haag, in Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Aufl. 2011, 16 Kap. 4. Rz. 38; Belling in Staudinger, BGB, § 832 [Neubearb. ...