Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4a O 63/12) |
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 250.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem europäischen Patent EP 1 077 XXXB1 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach, Vernichtung und Rückruf in Anspruch.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents. Das Klagepatent wurde am 12.5.1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der schwedischen Schrift SE 9801XXY vom 14.5.1998 in englischer Sprache angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde vom Europäischen Patentamt am 22.9.2004 veröffentlicht. Das Klagepatent betrifft ein Stimmventil mit Filter. Sein hier streitgegenständlicher Patentanspruch 1 lautet in der ursprünglichen, erteilten Fassung in deutscher Übersetzung:
"Stimmventil zum Verbindung mit einer Tracheostoma, mit einem regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, einem Gehäuse (15), das den Filter (16) aufnimmt und eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, und ein manuell betätigbares Ventilelement (15', 23) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass eine Hülse (13, 20, 30), die in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, einen Ventilsitz bildet, welcher die erste Öffnung (13A) definiert, um mit dem Ventilelement (15', 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen."
In der englischen Fassung lautet der kennzeichnende Teil wie folgt:
"... that a socket, projecting into the interior of the housing forms a valve seat defining said first opening, to be sealingly engaged by the valve element at manual operation thereof."
Auf die Nichtigkeitsklagen der B SE & Co. KG und der Andreas Fahl Medizintechnik GmbH hat das BPatG das Klagepatent mit Urteil vom 17.12.2013 (BPatG, Az. 4 Ni 17/12 verbunden mit 4 Ni 29/12, Anlage B 20) mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland aufgrund unzulässiger Erweiterung dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass in der Fassung des Patentanspruchs 1 am Ende ergänzt wird:
"wobei die erste Öffnung (13A) durch eine Dichtfläche (13A) begrenzt ist, die durch das Gehäuse (15) ausgebildet ist, und wobei die Dichtfläche (13A) durch die Endfläche des Sockels (13, 20, 30) ausgebildet ist."
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele. Dabei zeigt Figur 6 eine Seitenansicht einer Ausführungsform, teilweise im axialen Querschnitt.
Figur 2 zeigt eine Seitenansicht des Filters für den regenerativen Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch.
Figur 11 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel der Erfindung in einer ähnlichen Ansicht wie Figur 6.
Schließlich zeigt Figur 15 eine axiale Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform der Erfindung.
Die Beklagte vertreibt Produkte verschiedener Medizintechnikhersteller, in der Vergangenheit auch Produkte der Klägerin. Unter anderem vertreibt sie unter der Bezeichnung "C" (im Folgenden: die angegriffene Ausführungsform) ein Wärme- und Feuchtigkeitsaustauscher für laryngektomierte Patienten, das heißt Menschen, denen der Kehlkopf zumeist aufgrund einer Krebserkrankung operativ vollständig entfernt wurde. Die Markteinführung fand auf einem Kongress vom 03. bis 6.7.2011 statt. In einem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz vor dem LG München I hatte sich die Klägerin bereits gegen den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform gewandt; ihren Antrag hatte sie jedoch im Hinblick auf die von der Kammer in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auslegung des Klagepatents zurückgenommen.
Darüber hinaus hatte die Klägerin die Beklagte vor dem LG Mannheim bereits wegen einer anderen Ausführungsform, nämlich der "D" wegen Verletzung des Klagepatents in Anspruch genommen. Jene Ausführungsform (im Folgenden: "D") hatte folgenden Querschnitt (Bl. 111 GA):
Während das LG Mannheim die Klage abgewiesen hatte, hat das OLG Karlsruhe eine Verletzung des - damals noch unveränderten - Patentanspruchs 1 durch jene Ausführungsform bejaht, und zwar mit der Begründung, in der Bodenplatte sei ein patentgemäßer Sockel zu sehen, da die Materialstärke der Bodenplatte deutlich größer sei als die Materialstärke des Gehäuses (Anlage K 1, S. 31...