Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 34 O 4/21) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 10. Februar 2021verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LandgerichtsDüsseldorf abgeändert.
Die einstweilige Verfügung vom 15.01.2021 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz hat die Antragstellerin zu tragen.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist begründet. Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 15.01.2021 und zur Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, weil ein Verfügungsanspruch nicht besteht.
A. Der Antragstellerin steht der gegen die Antragsgegnerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder aus §§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. § 6 Satz 1 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung; SchutzmV) noch aus §§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. § 7 HWG zu.
1.Die beanstandete Werbung verstößt nicht gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 6 Satz 1 SchutzmV. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Regelung zur Leistung einer Eigenbeteiligung anspruchsberechtigter Personen in § 6 Satz 1 SchutzmV nicht als Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG anzusehen (so auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.3.2021 - 6 W 15/21, GRUR-RS 2021, 5677 Rn. 11 ff. - kostenlose Schutzmaskenabgabe).
a) Gemäß § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (BGH, GRUR 2010, 654 Rn. 18 - Zweckbetrieb; GRUR 2017, 641 Rn. 20 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Dieser Zweck muss nicht der einzige und nicht einmal der primäre sein (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 20 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt; es genügt nicht, dass sie ein wichtiges Gemeinschaftsgut oder die Interessen Dritter schützt, sofern damit nicht gleichzeitig auch die Interessen von Marktteilnehmern geschützt werden sollen (BGH, GRUR 2010, 654 Rn. 18 - Zweckbetrieb; GRUR 2017, 95 Rn. 21 - Arbeitnehmerüberlassung; GRUR 2017, 641 Rn. 20 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln).
b) Der Regelung zur Leistung einer Eigenbeteiligung für Schutzmasken fehlt eine Schutzfunktion zugunsten anderer Marktteilnehmer.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem von den Parteien im vorliegenden Verfahren erörterten Urteil vom 01.12.2016 (Az.: I ZR 143/15; GRUR 2017, 641 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln) entschieden, dass die Regelungen zur Zuzahlung gesetzlich Versicherter bei Hilfsmitteln in §§ 33 Abs. 8, 61 SGB V keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG sind. Für die hier in Rede stehende Regelung zur Entrichtung einer Eigenbeteiligung anspruchsberechtigter Personen bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 Satz 1 SchutzmV kann entgegen der Auffassung des Landgerichts im Ergebnis nichts anderes gelten.
aa) Nach § 6 Satz 1 SchutzmV hat jede anspruchsberechtigte Person bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 Satz 1 SchutzmV an die abgebende Apotheke eine Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten. Der die Abgabe von Schutzmasken regelnde § 4 Abs. Satz 1 SchutzmV sieht vor, dass der Anspruch nach § 2 Abs. 2 SchutzmV durch Abgabe der Schutzmasken durch die Apotheken gegen Vorlage der Bescheinigungen nach § 3 Abs. 1 Satz 2 SchutzmV erfüllt wird. Nach § 2 Abs. 2 SchutzmV in der seit dem 06.02.2021 geltenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung vom 04.02.2021 (auf diese Fassung wird nachfolgend abgestellt) haben die anspruchsberechtigten Personen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV im Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum Ablauf des 28.02.2021 einen Anspruch auf einmalig sechs Schutzmasken und im Zeitraum vom 16.02.2021 bis zum Ablauf des 15.04.2021 einen weiteren Anspruch auf einmalig sechs Schutzmasken. Bei den nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen handelt es sich um Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie um nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 60. Lebensjahr vollendet haben (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV) oder bei denen eine bestimmte Erkrankung oder ein bestimmter Risikofaktor vorliegt (§ 1 Abs. 1 Nr....