Leitsatz (amtlich)
Nutzt ein Busunternehmen seine eigene Werkstatt zur Reparatur seines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Busses, beschränkt sich der zur Herstellung erforderliche Betrag auf die insoweit anfallenden Kosten. Die höheren Kosten einer externen Werkstatt können grundsätzlich zugrunde gelegt werden, wenn das Busunternehmen einen Teil der Kapazitäten seiner Werkstatt als freie Werkstatt zur Gewinnerzielung verwendet. Voraussetzung ist allerdings, dass es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast hinreichend dazu vortragen kann, dass es in der Zeit der Reparatur des Busses Fremdaufträge hätte annehmen können.
Normenkette
BGB § 249 Abs. 2 S. 1, § 254; StVG § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1; VVG § 115
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 3 O 330/19) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. Juli 2020 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Duisburg (3 O 330/19) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. pp.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungsrügen der Klägerin gebieten keine abändernde Entscheidung. Der Klägerin steht kein weitergehender Anspruch nach §§ 7 Abs. 1, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG gegen die Beklagte zu, weil ihr durch den Unfall kein über den bereits durch die Beklagte gezahlten Betrag von 39.724,29 Euro hinausgehender Schaden entstanden ist. Da die Klägerin den beschädigten Bus in der eigenen Werkstatt repariert hat, kann sie im Rahmen einer fiktiven Abrechnung nur die im Rahmen einer solchen Reparatur zu erwartenden Kosten geltend machen. Diese umfassen einen in dem gutachterlich ermittelten Betrag von 46.735,20 Euro enthaltenen Gewinnanteil nicht, weil - wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat - die Werkstatt der Klägerin im Zeitraum der Busreparatur nicht ausgelastet gewesen ist, die Klägerin also wegen der Busreparatur nicht auf Gewinnmöglichkeiten durch die Übernahme von Fremdaufträgen verzichtet hat. Der diesbezüglichen Behauptung der Beklagten ist die Klägerin im Rahmen der sie treffenden sekundären Darlegungslast zu der Auslastung ihres Betriebs nicht erheblich entgegengetreten. Mangels abweichender Erkenntnisse ist die durch das Landgericht vorgenommene Bemessung des abzuziehenden Gewinnanteils mit 15 % des gutachterlich ermittelten Kostenbetrages nicht zu beanstanden. Ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz einer Pauschale für ein Gutachten zu Vorhaltekosten ist zwar nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Kosten für dieses Gutachten vor dem Unfallereignis angefallen sind, jedoch besteht der Anspruch deshalb nicht, weil ein solches Gutachten zum Zwecke des Schadensnachweises nicht erforderlich gewesen ist und zudem der geltend gemachte Pauschalbetrag in keiner erkennbaren Beziehung zu den tatsächlich angefallenen Gutachtenkosten steht.
Im Einzelnen:
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein über den bereits durch diese gezahlten Betrag hinausgehender Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten des Busses zu. Da die Klägerin hier die - letztlich auch genutzte - Möglichkeit gehabt hat, den Bus in der eigenen Werkstatt zu reparieren, beschränkt sich der zur Herstellung erforderliche Betrag auf die insoweit anfallenden Kosten, nicht aber auf die Kosten, die im Falle einer Reparatur in einer externen Werkstatt anfielen.
Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Gläubiger im Falle der Beschädigung einer Sache statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Dies entspricht dem in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot, wonach der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen hat, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Verursacht also von mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, so ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt; denn nur der für diese Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich. Nimmt der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Schadensbehebung selbst in die Hand, ist der zur Herstellung erforderliche Aufwand nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Es ist insbesondere Rücksicht auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten zu nehmen. Diese "subjektbezogene Schadensbetrachtung" kann sich nicht nur zugunsten des Geschädigten, sondern auch zugunsten des Schädigers auswirken. Verfügt der Geschädigte über eine besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile oder Erleichterungen, so ist hierauf zu Gunsten des Schädigers Rücksicht zu nehmen; diese Umstände können also anspruchsverkürzend wirken. So kann es in der Situation des Geschädigten wirtschaftlich objektiv unvernünftig sein, im Rahmen der Schadensa...