Leitsatz (amtlich)

›1. Stellt die Einräumung eines Vorkaufsrechts für den Mieter eine wesentliche Bedingung des Mietvertrags dar, so führt die unterbliebene notarielle Beurkundung zur Nichtigkeit des gesamten Mietvertrages.

2. Daran vermag auch eine "salvatorische" Klausel nichts zu ändern, wenn dem Vorkaufsrecht zentrale Bedeutung zukommt. ‹

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Aktenzeichen 3 O 473/97)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Mietvertrages.

Die Kläger errichteten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Wohn- und Geschäftshaus in K-B in dessen zweitem Obergeschoß mehrere Arztpraxen geplant waren. Bereits während der Bauarbeiten kam es zu Kontakten zwischen dem Kläger zu 2. und der Beklagten, einer Fachärztin für Dermatologie. Diese war an der schnellstmöglichen Gründung einer Praxis in Wohnortnähe interessiert, da sie die Sperrung von Bezirken bei der Zulassung als Vertragsarzt wegen Überversorgung befürchtete. Am 10. November 1994 schlossen die Parteien über die "Praxis 2" einen schriftlichen Mietvertrag. Nach 3.4 sollte der Übergabetermin dem Mieter mindestens acht Wochen vor der Fertigstellung mitgeteilt werden, wobei als Übergabetermin der 01.10.1995 angestrebt wurde. Dem Mieter wurde in § 10 des Vertrages ein Vorkaufsrecht eingeräumt.

§ 11 Mietvertrag lautet:

"1.

Sollte eine Bestimmung des Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird dadurch die Wirksamkeit des Vertrages nicht berührt. Die Vertragsparteien werden in einem solchen Fall die unwirksamen Bestimmungen durch eine rechtlich nicht anfechtbare Regelung ersetzen, die dem gewollten wirtschaftlichen Zweck der ungültigen Bestimmung möglichst nahekommt.

2. ....

Außerdem unterzeichneten die Parteien am 17. bzw. 18.11.1994 eine "Nebenabrede zum Mietvertrag", in der es u.a. heißt:

"5. Der Mietvertrag in der vorliegenden Form erhält nur dann Gültigkeit, wenn die K N ihre Zustimmung zur Niederlassung als Kassenärztin für Dermatologie gibt. Sollte das Gebiet, in dem die künftige dermatolog. Praxis liegen soll, für eine Niederlassung gesperrt werden, entfällt der Mietvertrag.

6. Für den Fall, daß ein (e) Mitbewerber(in) gleichen Fachgebietes für den Bereich K B von der KV eine Zulassung erhältn, bevor die Mieterin diese beantragen kann, entfällt der Mietvertrag."

Im Dezember 1994 beantragte die Beklagte ihre Zulassung als Kassenärztin für Dermatologie zum 01.07.1995. Diesen Antrag nahm sie jedoch - ohne dies den Klägern mitzuteilen - bereits im Frühjahr 1995 wieder zurück. Nach - streitiger - Behauptung der Beklagten war Grund dafür eine Äußerung des Bauleiters der Kläger, die Praxisräume würden nicht vor Februar 1996 übergabereif erstellt werden können, sowie ihre Befürchtung, sie werde daher die vertragsärztliche Tätigkeit nicht innerhalb der dreimonatigen Frist nach Zustellung der Zulassung (§ 19 Abs. 3 ZulassungsVO) aufnehmen können. Mit Schreiben vom 10.04.1995 bat sie im Hinblick auf einen möglichen Praxisnachfolger um Verschiebung des Innenausbaus.

Im Mai 1995 wurde der Bezirk K wegen Überversorgung "gesperrt".

Am 20.12.1995 erklärte sie den Mietvertrag unter Hinweis auf Nr. 5 der Nebenabrede für hinfällig; der 01.10.1995 sei der spätest mögliche Eröffnungstermin gewesen, weil ein Zulassungsantrag frühestens 6 Monate vor dem beabsichtigten Termin gestellt werden könne und der Betrieb sodann innerhalb von 3 Monaten aufzunehmen sei. An diesem Tage seien die Mieträume insoweit unstreitig - jedoch - nicht fertiggestellt gewesen, ein neuer Antrag sei wegen der Sperrung des Bezirks zwecklos. Dem widersprachen die Kläger mit Schreiben vom 17.06.1996, da sie den erfolgversprechenden Zulassungsantrag selber zurückgenommen habe. Dem entgegnete wiederum die Beklagte unter ausführlicher Darstellung der Sachlage aus ihrer Sicht.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Mietvertrag sei in Kraft getreten, nachdem die Beklagte wider Treu und Glauben durch die Zurücknahme ihres Antrages auf Zulassung als Vertragsarzt den Eintritt der Bedingung vereitelt habe. Die Verzögerung der Bauarbeiten (die Praxis sei im Dezember 1995 fertiggestellt worden) hätte - zumindestens bei entsprechenden Bemühungen der Beklagten - eine Zulassung nicht berührt. Sie haben daher beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 92.547,81 DM nebst 10 % Zinsen aus 1.969,10 DM seit dem 20.01.1996 und aus jeweils 3.938,21 DM jeweils seit dem 4. Kalendertag eines jeden Monats vom 04.02.1996 bis zum 04.12.1997 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf Nr. 5 der "Nebenabrede" berufen und dazu vorgetragen, auch ohne die Zurücknahme ihres Antrages auf Zulassung als Vertragsarzt hätte sie keine bestandskräftige Zulassung erhalten. Sie hätte im Hinblick auf § 19 Abs. 3 ZulassungsVO ihre Praxis binnen 3 Monaten eröffnen müssen, was jedoch wegen der Bauverzögerungen nicht möglich gewesen wäre; die Praxis sei im Oktober 1995 - dem spätest möglichen Termin - noch nicht fertiggestellt gewesen. Im übrigen seien die Ansprüche der Kläger...

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