Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des technischen Sinngehalts der geschützten Lehre - Occluder
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 18.12.2009) |
Tenor
1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 18.12.2009 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zu-rückgewiesen.
2. Die Verfügungsbeklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 500.000 EUR.
Gründe
I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist zulässig, aber in der Sache unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG dem Verfügungsantrag entsprochen und der Verfügungsbeklagten untersagt, den nunmehr angegriffenen und mit der Bezeichnung "A" versehenen Occluder in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Der angegriffene Occluder verwirklicht die im Verfügungspatent - dem auch in der Bundesrepublik Deutschland Schutz beanspruchenden europäischen Patent 0 808 XXX - niedergelegte technische Lehre zum Teil wortsinngemäß und im übrigen mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des LG nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug und macht sie sich in vollem Umfang zu eigen.
1. Das Verfügungspatent betrifft intravaskuläre Vorrichtungen, mit denen Blutgefäße eines Patienten verschlossen werden können, etwa um den Blutstrom zu einem Tumor oder einer anderen Schädigung zu unterbinden. Allgemein werden hierzu nach den Ausführungen der Klagepatentschrift Embolisationsagentia wie Verschlusspartikel oder kurze Abschnitte von Schraubenfedern in das Blutgefäß eingeführt, wo sie sich festsetzen sollen. Häufig fließen die Verschlusspartikel jedoch vom Ort ihrer Einführung mit dem Blutstrom etwas abwärts, bevor sie das Gefäß verschließen (Verfügungspatentschrift, Übersetzung Abs. [0003]).
Als Alternative vorgeschlagene, in ihrem Inneren mit einem aushärtenden Harz versehene Ballonkatheter, die nach ihrem Verbringen zum Einsatzort vom Ende des Katheters abgelöst und an der vorgesehenen Verschlussstelle zurückgelassen werden, können Sicherheitsprobleme mit sich bringen. Ist der Ballon nicht ausreichend aufgefüllt, findet er keinen festen Sitz im Gefäß und kann stromabwärts an eine nicht vorgesehene Stelle des Gefäßes treiben; ist er übermäßig gefüllt, kann er reißen und das Harz in den Blutstrom des Patienten gelangen. Mechanische Embolisationsvorrichtungen, Filter und Fallen werden als vergleichsweise kostspielig kritisiert (vgl. Verfüungspatentschrift, Übersetzung Abs. [0004] bis [0006]).
Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik gibt die Verfügungspatentschrift als Aufgabe (technisches Problem) der Erfindung an, eine zuverlässige Embolisationsvorrichtung zu schaffen, die sowohl ohne Schwierigkeiten entfaltet als auch präzise in einem Gefäß eingesetzt werden kann (Übers. Abs. [0007]).
Zur Lösung dieser Problemstellung sehen die nebengeordneten Ansprüche 1 und 16 die Kombination folgender Merkmale vor:
Anspruch 1:
Kollabierbare medizinische Vorrichtung (60), die ein Metallgewebe umfasst.
Das Metallgewebe ist aus geflochtenen Metalllitzen gebildet.
Die Vorrichtung hat
eine kollabierte Konfiguration durch einen Kanal in einem Patienten und
eine allgemein hantelförmige entfaltete Konfiguration.
Die allgemein hantelförmige (entfaltete) Konfiguration hat
zwei Teile mit erweitertem Durchmesser (64), die durch einen Teil mit reduziertem Durchmesser (62) getrennt sind, der zwischen entgegen gesetzten Enden der Vorrichtung gebildet ist.
Klemmen (15) zum Festklemmen der Litzen sind an den entgegen gesetzten Enden der Vorrichtung ausgeführt.
Anspruch 16:
Verfahren zum Herstellen einer medizinischen Vorrichtung mit den vorstehenden Merkmalen 1 bis 5 des Patentanspruches 1.
Das Verfahren umfasst folgende Schritte:
Bereitstellen eines Metallgewebes, das aus einer Mehrzahl geflochtener Litzen gebildet ist, wobei die Litzen aus einem Metall hergestellt werden, das wärmebehandelt werden kann, um im wesentlichen eine gewünschte Form festzulegen;
Verformung des Metallgewebes, damit es allgemein einer inneren Wandfläche eines Formelementes (20) entspricht;
Wärmebehandeln des Metallgewebes im Kontakt mit der Oberfläche des Formelementes bei einer erhöhten Temperatur, wobei die Temperatur und die Dauer der Wärmebehandlung ausreichen, um die Form des Gewebes in seinem verformten Zustand im wesentlichen festzulegen;
Entfernen des Metallgewebes aus dem Kontakt mit dem Formelement;
Festklemmen der entgegengesetzten Litzen der Vorrichtung (60) mit Klemmen (15).
Die erfindungsgemäße Vorrichtung erlaubt es, sie in der kollabierten zusammengefalteten Form - etwa mit Hilfe eines Katheters - in das Gefäß eines Patienten einzuführen; wird sie aus dem distalen Ende des Katheters entlassen, kann sie eine definiert entfaltete Form annehmen, die gewährleistet, dass die Vorrichtung sich nicht unbeabsichtigt vom Ort ihres therapeutischen Einsatzes ...