Leitsatz (amtlich)
›1. Wenn ein Projektsteuerungsvertrag rechtlich als Dienstvertrag einzuordnen ist, kann nach § 627 BGB gekündigt werden und sind nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB nur erbrachte Leistungen zu vergüten.
2. Ein Projektsteuerungsvertrag ist bei Vereinbarung des Vollbildes der Leistungen nach § 31 HOAI oder des vergleichbaren, im wesentlichen gegenüber § 31 HOAI nur genauer differenzierten DVP-Modells, ohne daß die Abrede konkreter werkvertraglicher Erfolgsverpflichtungen hinzutritt, nicht als Werkvertrag, sondern als Dienstvertrag einzuordnen.‹
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 11 O 205/94) |
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit der Klage die Zahlung restlichen Honorars nach Kündigung eines Projektsteuerungsvertrages.
Die Beklagte betreibt in W eine Müllverbrennungsanlage und ließ ein Werkstattgebäude aufstocken. Sie beauftragte im Sommer 1991 die P-Aktiengesellschaft für Bauwesen N Partner & Cie. KG (Planungs-KG) aufgrund deren Angebots mit der Projektsteuerung. Dem Vertrag liegt das vom Deutschen Verband der Projektsteuerer entwickelte Leistungsmodell (sog. DVP-Modell, Bl. 11 ff., 92 ff. GA), zugrunde. Die Projektsteuerung sollte danach fünf Projektphasen betreffen, namentlich:
Honoraranteil (Bl. 97 GA)
1. Projektvorbereitung 26
2. Planung 21
3. Ausführungsvorbereitung 19
4. Ausführung 26
5. Projektabschluß 8
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Innerhalb jeder Projektphase sind die Leistungen weiter unterschieden nach vier Handlungsbereichen:
A Organisation, Information, Koordination, Dokumentation
B Qualitäten und Quantitäten
C Kosten
D Termine
Im Angebotsschreiben minderte die Planungs-KG das von ihr zunächst angegebene Ausgangshonorar von 2,9 % der Gesamtherstellungskosten (zuzüglich 3 % des Honorars Nebenkosten) auf 2,17 %, weil die Leistungen der Projektphasen 1 und 2 bereits weitgehend erbracht worden waren (Bl. 17 GA). Aus demselben Grund vereinbarten die Vertragsparteien später eine nochmalige Reduzierung des Honorars auf nunmehr 2,03 % der Gesamtherstellungskosten (Bl. 65 GA). Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf das Angebot der Planungs-KG vom 25.6.91 (Bl. 10 ff. GA) sowie das Auftragsschreiben der Beklagten vom 22.8.91 (Bl. 19 GA) Bezug genommen.
Nachdem die Planungs-KG bereits die Leistungen der Projektstufe 3 im wesentlichen erbracht hatte, ließ die Beklagte in einer Besprechung vom 25.2.92 mündlich die fristlose Kündigung des Vertrages aussprechen.
Die Klägerin ist als alleinige Komplementärin Rechtsnachfolgerin der wegen Ausscheidens ihrer Kommanditisten aufgelösten Planungs-KG geworden (Bl. 143 GA).
Die Klägerin berechnete unter dem 13.3.92 ihre Honorarforderung auf brutto 261.812,40 DM, wovon sie unter Berücksichtigung von Zahlungen der Beklagten (50.000,00 DM am 6.2.92 und 80.000,00 DM durch Scheckgutschrift am 25.7.92) in erster Instanz 131.812,40 DM geltend gemacht hat. Das Honorar hat sie getrennt nach erbrachten und nicht erbrachten Leistungen (letztere abzüglich 60 % für ersparte Aufwendungen) berechnet. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 21 ff. GA verwiesen.
Die Parteien haben vor dem Landgericht im wesentlichen über den Umfang der von der Planungs-KG bis zur Kündigung erbrachten Leistungen, die anrechenbaren Baukosten sowie das Bestehen eines wichtigen Grundes für die von der Beklagten erklärte Kündigung gestritten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 131.812,40 DM nebst 13,75 % Zinsen seit dem 25.4.92 sowie weitere 13,75 % von 80.000,00 DM vom 25.4.92 bis 25.7.92 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe bereits mehr als das geschuldete Honorar gezahlt.
Nach einer unter anderem durch Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens zum Umfang der erbrachten Leistungen für die Projektstufen 1 bis 3 durchgeführten Beweisaufnahme hat das Landgericht (Kammer für Handelssachen) die Beklagte unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an die Klägerin 112.527,85 DM nebst 13 % Zinsen für die Zeit vom 25.4.1992 bis 31.12.1992 und 5 % Zinsen seit dem 1.1.1993 zu zahlen, ferner 13 % Zinsen von 80.000,00 DM für die Zeit vom 25.4.1992 bis 25.7.1992.
Das Landgericht ist von einer (letztlich zwischen den Parteien unstreitigen) Baukostensumme von 13.277.483,07 DM ausgegangen. Für die erbrachten Leistungen hat es in seiner Honorarberechnung einen Anteil in Höhe von 64 % des Gesamthonorars angenommen, wobei es für die Leistungen der Projektstufen 1 und 2 die Sätze übernommen hat, die in der dem Vertrag zugrundeliegenden DVP-Honorarliste ausgewiesen sind. Da ein Kündigungsgrund nicht feststellbar sei, habe die Beklagte nach § 649 BGB auch die nicht erbrachten Leistungen unter Abzug von 60 % für ersparte Aufwendungen zu vergüten. Wegen der Berechnung des Landgerichts wird auf S.6/7 des landgerichtlichen Urteils (Bl. 270 f. GA) verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, abgesehen von einem Teil der Zinsforderung.
Sie führt im wesentlichen zwei Gesichtspunkte an.
Zum einen...