Leitsatz (amtlich)

1. Eine Architektenwerk muss unter Berücksichtigung aller planungsrelevanten Umstände, der Wünsche des Bauherrn sowie der technisch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ein insgesamt zweckentsprechendes und funktionstaugliches Gesamtwerk (hier: Schwimmhallenanbau nebst deren Ein-/Anbindung an weitere angrenzende bauliche Anlagen - Terrassen/Decks/Stufen etc. - bzw. an das angrenzende Außengelände) jeweils unter Berücksichtigung der maßgeblichen Höhenlagen bzw. Flächen und des infolgedessen anfallenden bzw. anflutenden Oberflächenwassers gewährleisten. Diese Grundsätze gelten im Bereich der Abdichtung eines Gebäudes gegen unterirdische bzw. oberirdische Wasserlasten um so mehr, als es sich dabei um einen besonders schadensträchtigen Bereich handelt, in dem ein Architekt zu besonderer Sorgfalt verpflichtet ist.

2. Den Architekten treffen insbesondere bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) aber auch in den folgenden Leistungsphasen Koordinierungs-, Beratungs- und Aufklärungspflichten, die ihn - unabhängig vom konkreten Auftragsumfang - verpflichten, die Gestaltungsmöglichkeiten/-optionen in die Gebäudeplanung derart einzubeziehen, dass die Funktionstauglichkeit des zu planenden Schwimmhallenanbaus - insbesondere dessen hinreichende Absicherung/Abdichtung gegen anfallendes bzw. anflutendes Oberflächenwasser unter Berücksichtigung der angrenzenden Flächen und deren Höhenlagen - hinreichend sicher gewährleistet ist.

3. Dies gilt auch, wenn die vorhandene Konstruktion von Ausführungsdetails - für sich gesehen - fachlich/technisch nicht zu beanstanden wäre, wenn dafür notwendige weitere Ausführungsvoraussetzungen bzw. -bedingungen geplant bzw. erstellt worden wären, d.h. bei einer Mangelerscheinung (Wassereintritt in das Gebäude) mit verschiedenen in einem alternativen bzw. kumulativen Kausalzusammenhang stehenden bzw. miteinander verknüpften Einzelursachen.

4. Der Architekt muss den Bauherrn - unter Berücksichtigung der vorhandenen Rahmenbedingungen bzw. Ausgangssituation - über die verschiedenen technisch machbaren und fachlich dem Stand der Technik entsprechenden Möglichkeiten beraten und jeweilige Vor- und Nachteile in für einen bautechnisch nicht bewanderten Laien hinreichend verständlichen Art und Weise aufzeigen.

5. Ist eine vom Bauherrn gewünschte vollständige Niveaugleichheit (Barrierefreiheit) fachwidrig, ist davon auszugehen, dass sich der Bauherr für eine Variante entschieden hätte, die seinem (fachgemäß nicht realisierbaren) Planungswunsch einer vollständigen Niveaugleichheit (Barrierefreiheit) möglichst weitgehend nahekommt.

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Urteil vom 07.11.2013; Aktenzeichen 5 O 354/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Krefeld vom 07.11.2013 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung insgesamt wie folgt neugefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.552,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2012 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte für den darüber hinausgehenden Schaden haftet, der dem Kläger dadurch entsteht, dass der Umgang um das Schwimmbad bzw. die Terrasse vor dem Schwimmbad um zumindest 5-10 cm tiefer gelegt wird.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von

1.358,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden zu 74 % dem Kläger und zu 26 % der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem Architektenvertrag auf Schadensersatz in Höhe von 86.280,00 EUR nebst Prozesszinsen, Feststellung der weiter gehenden Ersatzpflicht sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.999,32 EUR nebst Zinsen in Anspruch, weil die Beklagte den Anbau einer Schwimmhalle an sein Wohnhaus in K. fehlerhaft geplant habe. Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat der Klage nach Hinweisen (149 ff. GA), Beweisaufnahme (175 ff. GA) durch Vernehmung der Zeugen ... im Beisein des im vorherigen selbständigen Beweisverfahren (LG Krefeld 5 OH 22/09) tätigen Sachverständigen G. (vgl. 283 GA) und anschließender mündlicher Anhörung des Sachverständigen (290 ff. GA) in vollem Umfang entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadense...

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