Leitsatz (amtlich)

1. Zur Beurteilung einer Einkommensentwicklung als Karrieresprung.

2. Zur Begrenzung/Befristung eines Nachscheidungsunterhaltsanspruchs auch bei langer Ehedauer.

 

Normenkette

BGB § 1573 Abs. 2, 5, § 1578 Abs. 1 S. 2 2. Hs. a.F.

 

Verfahrensgang

AG Wuppertal (Urteil vom 30.03.2005; Aktenzeichen 68 F 252/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Verbundurteil des AG Wuppertal vom 30.3.2005 in Abschnitt II. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin ab 16.8.2005 bis 15.8.2010 monatlichen Nachscheidungsunterhalt i.H.v. 439,13 EUR zu zahlen.

Im Übrigen werden der weiter gehende Antrag der Antragstellerin sowie ihr weiter gehendes Rechtsmittel und die weiter gehende Berufung des Antrags-gegners zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung erster Instanz wird aufrechterhalten. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Zeit ab 20.10.2005 beträgt in Ergänzung des Se-natsbeschlusses vom 26.9.2005 (Bl. 183 GA) 2.268 EUR für die Beru-fung der Antragstellerin und demnach insgesamt 3.564 EUR.

 

Gründe

(gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO):

I. Die Antragstellerin begehrt Nachscheidungsunterhalt; die Ehescheidung der Parteien ist seit dem 16.8.2005 rechtskräftig (Bl. 73 GA).

Beide Parteien haben gegen Abschnitt II. des Verbundurteils, mit dem das AG den Antragsgegner zu monatlichen Nachscheidungsunterhaltszahlungen von 261 EUR verpflichtet hat, Berufung eingelegt.

Die Antragstellerin hat zunächst monatliche Zahlungen von 410,20 EUR begehrt und nach bereits mit der Berufungsbegründung vorbehaltener Erweiterung zwischenzeitlich ihre Forderung erhöht.

Sie meint, die dem Antragsgegner gezahlte Zulage von 443 EUR monatlich resultiere nicht aus einem Karrieresprung und sei daher bei der Unterhaltsberechnung einzubeziehen.

Nunmehr beantragt sie, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Antragsgegner zu verurteilen, ab Rechtskraft der Ehescheidung an sie einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 450 EUR zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt, die Berufung der Antragstellerin einschließlich deren Erweiterung zurückzuweisen.

Er meint, seine Gehaltszulage habe bei der Einkommensberechnung außer Betracht zu bleiben. Ohne seinen Wechsel, der während bestehender Ehe niemals ernsthaft ein Thema gewesen sei, und die Übernahme der Funktion eines kaufmännischen Leiters hätte er eine Höhergruppierung niemals erreichen können.

Mit seiner Berufung beantragt er, das Urteil des FamG vom 30.3.2005 dahin gehend abzuändern, dass er lediglich verpflichtet ist, an die Antragstellerin ab Rechtskraft der Ehescheidung einen monatlich im voraus fälligen Unterhaltsbetrag von 207 EUR zu zahlen sowie weiterhin, seine Unterhaltsverpflichtungen zeitlich zu begrenzen.

Ein zeitlebens zu zahlender Aufstockungsunterhalt sei unbillig.

Die Antragstellerin beantragt, die Berufung des Antragsgegners zurückzuweisen.

Sie habe Ehe bedingt wegen der Aufgabe ihrer damaligen Anstellung in ihrem beruflichen Status gravierende Nachteile erlitten, die sie nicht mehr ausgleichen könne. Schließlich handele es sich um eine Ehe von langer Dauer; sie habe sich ganz überwiegend und lange Zeit der Kindesbetreuung gewidmet.

Ergänzend wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil sowie auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die Rechtsmittel beider Parteien sind zulässig; die Berufung der Antragstellerin hat überwiegend Erfolg. Hingegen ist das Rechtsmittel des Antragsgegners auf die Höhe des geschuldeten Unterhalts bezogen unbegründet, allerdings dringt er mit seinem auf eine zeitliche Begrenzung abzielenden Antrag durch.

Die Antragstellerin hat einen Aufstockungsunterhaltsanspruch in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe gem. § 1573 Abs. 2 BGB.

Mit Recht greift sie die erstinstanzliche Entscheidung an und rügt, dass die von dem Antragsgegner seit dem Wechsel an ... gezahlte Zulage bei der Einkommensberechnung unberücksichtigt geblieben ist.

Ansatzpunkt ist die allerdings ausfüllungsbedürftige Regelung des § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt; diese waren im Wesentlichen geprägt durch die Einkünfte des Antragsgegners, die Kindesbetreuung und die stundenweise ausgeübte Tätigkeit der Antragstellerin auf Honorarbasis.

Nach der Rechtsprechung sind solche Erwerbseinkünfte nicht Ehe prägend, wenn und soweit sie auf einer unerwartetem außerhalb des Normalverlaufs liegenden Einkommensentwicklung beruhen oder allein trennungsbedingt sind (BGH v. 29.1.2003 - XII ZR 92/01, MDR 2003, 695 = BGHReport 2003, 536 m. Anm. Kühner = FamRZ 2003, 590 [592]; v. 31.3.1982 - IVb ZR 661/80, MDR 1982, 738 = FamRZ 1982, 576 [578]; v. 10.10.1990 - XII ZR 99/89, FamRZ 1991, 307 [309]; Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 6. Aufl. 2004, § 4 Rz. 246 ff.). Eine solche außergewöhnliche Entwicklung kann hier indes entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch unt...

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