Leitsatz (amtlich)

1. Die Formularklausel in einem Mietvertrag über gewerbliche Räume (hier: zum Betrieb einer Schilder- und Graveurwerkstatt), "Die Schönheitsreparaturen sind ab Mietbeginn in den gewerbl. oder freiberufl. genutzten Räumen spätestens nach 4 Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten/Nebenräumlichkeiten/Balkonen/Loggien nach 7 Jahren auszuführen bzw. ausführen zu lassen", enthält einen starren Fristenplan, der den Mieter i.S.d. § 307 BGB unangemessen benachteiligt und insgesamt zur Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel führt (Fortführung von OLG Düsseldorf v. 4.5.2006 - I-10 U 174/05, OLGReport Düsseldorf 2006, 489 = GE 2006, 712 = GuT 2006, 127 = NZM 2006, 462 = ZMR 2006, 521)

2. Die den Vermieter zur Ausführung von Schönheitsreparaturen verpflichtende dispositive gesetzliche Bestimmung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB tritt nach § 306 Abs. 2 BGB an die Stelle der unzulässigen Schönheitsreparaturklausel. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht.

3. Die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel entzieht der vertraglichen Pflicht des Mieters zur Rückgabe der Mieträume in bezugsfertigem Zustand die Grundlage.

 

Normenkette

BGB § 535

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 11.07.2006; Aktenzeichen 16 O 419/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 11.7.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 16. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, die auf dem Außenputz des rechten Giebels des Hauses K-Straße ... in D. unterhalb des Daches auf weißem Grund mit hellbrauner Umrandung und den Worten Schilder, Stempel, Gravuren (blau geschrieben), Folien-Schriften (rot geschrieben) und Grafik-Design (grün geschrieben) sowie ... K...(schwarz geschrieben) gemalte Werbemaßnahme mit den Maßen von ca. 1,5m Höhe und ca. 4m Breite zu entfernen und nach Entfernung den Giebel in dem an die Werbemaßnahme angrenzenden hellgrauen Farbton zu streichen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 86 %, der Beklagte zu 14 %.

Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 84 %, der Beklagte zu 16 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Schadensersatz- und Beseitigungsansprüche der Klägerin aus einem beendeten Mietverhältnis über Gewerberäume zum Betrieb einer Schilder- und Graveurwerkstatt in D. Wegen der erstinstanzlich getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (GA 250-255 oben). Das LG hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von Renovierungs- und Sachverständigenkosten i.H.v. insgesamt 7.786,44 EUR, zur Beseitigung einer auf dem Außenputz des rechten Hausgiebels angebrachten Werbemaßnahme und dazu verurteilt, nach deren Entfernung den Giebel in dem an die Werbemaßnahme angrenzenden Farbton zu streichen. Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Schönheitsreparaturklausel in § 8 Ziff. 2 des Mietvertrages sei in Anwendung der "Starre-Fristen-Rechtsprechung" des VIII. Zivilsenats (BGH v. 5.4.2006 - VIII ZR 152/05, BGHReport 2006, 955 = MDR 2006, 1215 = NJW 2006, 2115; ZMR 2006, 843) wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB unwirksam. Eine Verpflichtung zur Vornahme einer Endrenovierung ergebe sich auch nicht aus § 12 MV. Soweit die Mieträume danach in "bezugsfertigen Zustand" zu übergeben seien, ergebe eine Auslegung der Klausel, dass sie sich nicht auf den Renovierungszustand der Räumlichkeiten beziehe, sondern nur heißen könne, dass die Räume zu reinigen seien. Im Übrigen macht er geltend, dass das LG aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Klägerin den durch den Aufwand der Renovierung entstehenden Schaden zutreffend beziffert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 13.9.2006 (GA 309 ff.) verwiesen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und bittet nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 19.10.2006 (GA 335 ff.) um Zurückweisung der Berufung. Insbesondere hält sie die Renovierungsklausel für wirksam und meint aufgrund der wörtlichen Übernahme der - formularmäßigen - Rückgabeklausel gem. § 18 des Mietvertrages mit dem Voreigentümer in Ziff. 12 des nach dem Eigentumswechsel mit ihr abgeschlossenen neuen Mietvertrages sei von einer Individualvereinbarung der Renovierungsverpflichtung insgesamt, also auch der turnusmäßige...

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