Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 34 O 75/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6. März 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf - Az. 34 O 75/18 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, übt im Kammerbezirk "X 1" die Berufsaufsicht über die Zahnärzte aus.
Der Beklagte ist seit 30 Jahren als Zahnarzt niedergelassen und derzeit in der Praxisgemeinschaft "... A." in B. und damit im Bezirk der Klägerin tätig. Im Jahre 2012 erwarb er an der C. K. / Österreich einen Masterabschluss mit dem Titel "Master of Science Kieferorthopädie (MSc)". Voraussetzung für die Erlangung dieses Master-Titels ist das Absolvieren des postgradualen Universitätsstudienganges im Fach "Kieferorthopädie" mit 50 Semesterstunden, das Bestehen der Abschlussprüfung und das erfolgreiche Abfassen einer Master-Thesis. Seit Abschluss des Studienganges erbringt der Beklagte kieferorthopädische Leistungen.
Der Beklagte hält an der D. in K. an der Donau / Österreich im Rahmen des Master of Science Orthodontics - Studiengangs zum Thema "E. technology and treatment" selbst Vorlesungen. Zudem ist er Referent im Bereich der E.-Kieferorthopädie bei Kindern.
Eine anerkannte, dreijährige Weiterbildung zum "Fachzahnarzt für Kieferorthopädie" gem. §§ 6, 8 Abs. 1 Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer X 1 (nachfolgend "WBO") hat der Beklagte nicht absolviert. Diese berechtigt zum Führen der Bezeichnung "Kieferorthopäde" oder "Fachzahnarzt für Kieferorthopädie" und umfasst eine drei Jahre dauernde Weiterbildung und ist in § 8 Abs. 2, 3 WBO hinsichtlich ihrer fachlichen Inhalte normiert.
Im Internet bewirbt der Beklagte seine Zahnarztpraxis unter der Adresse www...A.de. Unter dem Menüpunkt "Praxen" erschien unter anderem die Angabe "Kieferorthopädie in der F.-Straße ...", wie dargestellt in Anlage K 1. Unter dem Menüpunkt "Leistungen" wurde auf die Unterseite "Kieferorthopädie" und "Kieferorthopädie bei den A." verwiesen, Anlage K 2. Weiter wird die Praxis des Beklagten als "Praxis für Kieferorthopädie" und als "Kieferorthopädie in der F.-Straße ..." bezeichnet, Anlage K 3. Unter der Überschrift "Team" ist u.a. der Beklagte mit Foto dargestellt.
Die Klägerin hält diese Werbeangaben des Beklagten für berufs- und wettbewerbswidrig. Sie hat den Beklagten mit Schreiben vom 14. Mai 2018 erfolglos abgemahnt und aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (Anlage K 8).
Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben und beantragt,
den Beklagten kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, zu unterlassen
geschäftlich handelnd
mit den nachfolgenden Angaben zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass der niedergelassene Zahnarzt berechtigt ist, die Gebietsbezeichnung "Fachzahnarzt für Kieferorthopädie" zu führen:
- "Kieferorthopädie in der F.-Straße ...", wie geschehen in Anlage K 1, K 2 und/oder K 3 und/oder
- "Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie", wie geschehen in Anlage K 2 und/oder
- "Praxis für Kieferorthopädie", wie geschehen in Anlage K 3 und/oder
- "Kieferorthopädie der A.", wie geschehen in Anlage K 2 und/oder
- "Kieferorthopädie der B.er A.", wie geschehen in Anlage K 2.
Die 4. Kammer für Handelssachen hat den Beklagten mit Urteil vom 6. März 2019, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klägerin habe einen Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten aus wettbewerbswidriger Irreführung gem. §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 UWG. Der von der streitgegenständlichen Werbung angesprochene Verkehrskreis sei daran gewöhnt, dass in einer Praxis mit einer bestimmten Fachrichtung, zum Beispiel einer "Praxis für Kinderheilkunde" auch ein/e Fachzahnarzt/Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin arbeite. Dementsprechend sei der angesprochene Verkehrskreis der durchschnittlich informierten und verständigen, situationsadäquat aufmerksamen Bevölkerung auch daran gewöhnt, beim Besuch einer Zahnarztpraxis mit der Bezeichnung "Praxis für Kieferorthopädie" zumindest einen/eine Fachzahnarzt/ärztin anzutreffen, die eine anerkannte Weiterbildung im Bereich Kieferorthopädie habe. Die Patienten/Patientinnen unterschieden insofern nicht zwischen "dem Kieferorthopäden", dessen Weiterbildung staatlich anerkannt sein müsse, und der "Praxis für Kieferorthopädie". Auch wenn die durchschnittlich informierten Patienten/Patientinnen und Besucher-/innen von Arztpraxen nicht gen...