Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Feststellungsurteil sind zur Abgrenzung des Umfangs seiner Rechtskraft neben der Urteilsformel auch die Gründe heranzuziehen. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Rechts- bzw. Pflichtverletzungen aus einem Rechtsverhältnis beziehen. Die Abgrenzung von Schadensersatzpflichten aus verschiedenen Feststellungsurteilen ist dem (Betrags)Verfahren vorzubehalten.
2. Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Er muss daher prüfen, ob eine früher erteilte Nachbargenehmigung nach ihrem konkreten Erklärungsgehalt das aktuelle Bauvorhaben abdeckt.
3. Der Architekt wird von seiner Haftung wegen einer nicht genehmigungsfähigen Planung nur ausnahmsweise frei, wenn er mit seinem Auftraggeber vereinbart, dass dieser das Genehmigungsrisiko übernimmt., die Notwendigkeit der Nachbarzustimmung als konkretes bauordnungsrechtliches Problem aus laienhafter Sicht offenkundig ist oder der Architekt den Auftraggeber hinreichend über die Risiken der Genehmigungsfähigkeit aufklärt. Selbst wenn der Bauherr versucht, der Genehmigungsbehörde einen von dieser vermeintlich erklärten Verzicht auf eine neue Nachbarzustimmung unterzuschieben und deren Mitarbeiter zu manipulieren, obliegt dem Architekten ein eindeutiger und unmissverständlicher Hinweis auf das erhebliche Risiko einer solchen Vorgehensweise.
4. Die Aufklärungspflicht des Architekten ist mit seiner vertraglichen Hauptpflicht, eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung zu erbringen, eng im Sinne einer leistungsbezogenen Nebenpflicht verknüpft, für die regelmäßig eine fünfjährige Verjährungsfrist gilt. Dies gilt jedenfalls nach endgültiger Abnahmeverweigerung auch im Rahmen eines sog. "hängengebliebenen" Architektenvertrages.
5. Der Rügeverlust gem. § 295 ZPO ist von der Art der Verhandlung und dem Inhalt der gestellten Anträge (hier: Klagerücknahme) unabhängig. Die Heilung des Formverstoßes wirkt verjährungsrechtlich durch entsprechende Anwendung des § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der formwidrigen Übermittlung des Schriftsatzes zurück. Im Rahmen von § 204 BGB kommt es nicht auf die Zulässigkeit der Klage, der Klageerweiterung bzw. Anschlussberufung an. Ein fehlender Zustellungswillen des Gerichts spielt - anders als bei § 189 ZPO - im Rahmen von § 295 ZPO keine Rolle.
6. Der Gegenstand der Verhandlungen i.S.v. § 203 BGB ist durch Auslegung der diesbezüglichen Erklärungen der Parteien zu ermitteln. Im Zweifel ist anzunehmen, dass sich die Verhandlungen auf alle Ansprüche erstrecken, die sich aus dem Lebenssachverhalt für den Gläubiger ergeben können, es sei denn die Parteien verhandeln nur über einzelne, bestimmte Ansprüche.
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der Einzelrichterin der 14e. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 31.10.2008 teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte über den Tenor des Feststellungsurteils des 5. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 26.10.2006 (I-5 U 101/04) hinaus verpflichtet ist, den Klägern als Gesamtgläubigern jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die Rücknahme der Baugenehmigung vom 3.5.1993 in Gestalt der Baugenehmigung vom 21.1.1999 zur Errichtung des gartenseitigen Anbaus an ihrem Haus U A in D-B sowie durch die Abrissverfügung der Stadt D vom 6.7.2007 und weitere Maßnahmen und Verwaltungsakte der Stadt D infolge Unterschreitung des bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstandes von mindestens 3 Metern zum Nachbargrundstück U A ohne Vorliegen einer wirksamen Nachbarzustimmung verursacht wird.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten zu 90 % und den Klägern zu 10 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten und den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung i.H.v.
120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer eines Einfamilienhauses auf der U A in D und begehren die Feststellung, dass der beklagte Archiktekt für Schäden haftet, die durch die Rücknahme der Baugenehmigung für den gartenseitigen Anbau an ihrem Haus sowie durch die Abrissverfügung und weitere Maßnahmen und Verwaltungsakte der Stadt Düsseldorf infolge Unterschreitung des bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstandes von mindestens 3 Metern zum Nachbargrundstück U A ohne Vorliegen einer wirksamen Nachbarzustimmung verursacht werden. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im...