Entscheidungsstichwort (Thema)
Zubehöreigenschaft einer Einbauküche in einer versteigerten Doppelhaushälfte und Ermittlung der für die Beurteilung maßgeblichen Verkehrsauffassung
Orientierungssatz
1. Eine aus serienmäßigen Einzelteilen zusammengesetzte Einbauküche in einer ersteigerten Doppelhaushälfte ist nicht wesentlicher Bestandteil des Hausgrundstücks.
Ebensowenig kann sie nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung (im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf) als Zubehör angesehen werden.
2. Bei der Ermittlung der nach dem Gesetz (hier: BGB § 97 Abs 1 S 2) maßgeblichen Verkehrsauffassung ist auf die allgemein vertretene Auffassung derjenigen abzustellen, die im Verkehr mit bestimmten Waren bzw mit Grundstücken mit den einschlägigen Fragen zu tun haben und deren Auffassung in den Lebens- und Geschäftsgewohnheiten aller Beteiligten in Erscheinung tritt, wobei es ferner darauf ankommt, ob der Verkehr die annähernde Vorstellung eben derjenigen rechtlichen Folgen hat, welche das Gesetz an die rechtliche Einordnung einer Sache als Zubehör knüpft.
3. Bei der Verkehrsauffassung handelt es sich nämlich um "einen Gegenstand fachlicher Erfahrung", der eine Beweiserhebung dann nicht erfordert, wenn das Gericht über eigene Sachkunde verfügt (vergleiche BGH, 1992-10-01, V ZR 36/91, NJW 1992, 3224).
Das Gericht hat ein etwa vorliegendes Gutachten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen sorgfältig und gründlich zu würdigen. Will es von diesem Gutachten abweichen, muß es seine abweichende Überzeugung begründen und diese Begründung muß erkennen lassen, daß die abweichende Beurteilung nicht durch einen Mangel an Sachkunde beeinflußt ist.
Normenkette
BGB §§ 93, 94 Abs. 2, § 97 Abs. 1 S. 2, §§ 895, 1120; ZVG §§ 20, 55, 90
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 25.05.1993; Aktenzeichen 5 O 424/91) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. Mai 1993 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine R.-Schwedenküche herauszugeben, bestehend aus einem Hochschrank 60 cm × 200 cm, enthaltend einen Kühlschrank, bestehend weiter aus zwei Unterschränken 50 cm × 85 cm, einem Schubkastenschrank 40 cm × 85 cm, einem Herdschrank, enthaltend einen Herd der Marke B., Kombiherd, bestehend aus Umluft-, Back- und Mikrowellenherd mit Selbstreinigung sowie mit einem Glasceranfeld, weiter bestehend aus einem Unterschrank 40 cm × 85 cm, einer Spülkombination (Spültisch mit Ablaufbecken und Geschirrspülautomat der Marke B.) 120 cm × 85 cm, den Abdeck- bzw. Arbeitsplatten für die jeweiligen Unterschränke, ferner zwei Oberschränke von jeweils 50 cm und 60 cm, einem Oberschrank 40 cm × 60 cm, einer Dunstabzugshaube und einem Oberschrank 120 cm × 60 cm.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt vom Beklagten, gestützt auf ihr Eigentum, Herausgabe einer Einbauküche. Die Einbauküche wurde im Mai 1985 bei der Firma S. und M. in W. zu einem Kaufpreis von etwa 27.000 DM bestellt. Die Bestellung lautete auf die Eheleute S. (Klägerin und Ehemann). Sie bestand aus Einzelteilen, die nach einer besonderen Zeichnung des Ehemanns der Klägerin zusammengestellt wurden. Die Küche wurde geliefert und sodann in der gemeinsamen Ehewohnung in der Doppelhaushälfte C. in W. aufgestellt. Dieses Grundstück gehörte ursprünglich den Eheleuten S.. Ihren Miteigentumsanteil hat die Klägerin später auf ihren Ehemann übertragen. Nachdem dieser in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurde das Haus zwangsversteigert. Der Beklagte erhielt den Zuschlag. Am 30. September 1991 ließ er die Wohnung durch den Obergerichtsvollzieher räumen und untersagte der Klägerin die Mitnahme der Einbauküche.
Die Klägerin hat behauptet, die Einbauküche aus eigenen Mitteln erworben zu haben. Sie meint daher, Alleineigentümerin der Küche zu sein. Hilfsweise stützt sie sich auf eine Vereinbarung mit ihrem Ehemann vom 10. September 1989, wonach ihr Ehemann ihr die Einbauküche zu Alleineigentum übertragen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie die nach Maßgabe der Entscheidungsformel näher beschriebene Einbauküche herauszugeben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, infolge des Zuschlags in der Zwangsersteigerung Eigentümer der Küche geworden zu sein, die er als wesentlichen Bestandteil, hilfsweise als Zubehör des ersteigerten Hausgrundstücks ansieht.
Das Landgericht hat durch die Vernehmung des Ehemanns der Klägerin als Zeugen über die Eigentumsverhältnisse der Küche Beweis erhoben und sodann ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob im Bereich der Stadt W. eine Verkehrsanschauung bestehe, nach der eine unmittelbar nach oder bei Fertigstellung eines Einfamilienhauses mit mittlerer bzw. gehobener Ausstattung eingebaute Einbauküche, die auf die vorhandenen Raummaße und Anschlüsse zugeschnitten sei, als Zubehör des Hauses anzusehen sei.
Sodann hat das L...