Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 02.06.2016; Aktenzeichen 4b O 89/14)

 

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil der 4b Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 2.6.2016 mit dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben.

1. Die Einsprüche der Beklagten gegen das Teilversäumnisurteil des LG Düsseldorf vom 28.9.2015 sowie das Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 23.11.2015 sind zulässig.

2. Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das LG Düsseldorf zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens übertragen wird.

II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 250.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagten zuletzt wegen Verletzung des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2002 102 393 U1 (nachfolgend: Klagegebrauchsmuster) sowie unter wettbewerbs- und handelsrechtlichen Gesichtspunkten auf Unterlassung in Anspruch.

Die im Jahr 2012 gegründete Klägerin entwickelte ein komplexes System zurElektrostimulation ("EMS"-System), wobei sie zugehöriges Know-how von externen Entwicklern erwarb und selbst weiterentwickelte. Dieses System, das unter der international eingetragenen Wortmarke "E. M. S." vertrieben werden soll, besteht im Wesentlichen aus einem eng am Körper anliegenden Kleidungsstück ("Body"), in das elektrische Leitungen sowie etliche Elektroden (sog. "Trocken-Elektroden") eingearbeitet sind. An die Elektroden werden von einer am Body befestigten Stimulationseinheit elektrische Impulse zur Muskelstimulation geleitet. Die Stimulationseinheit wiederum ist schnurlos mit einem Bediengerät (iPad) verbunden, über das mittels einer abrufbaren App die Stimulationseinheit und damit die einzelnen Elektroden in unterschiedlicher Stärke, Dauer oder Frequenz vom Benutzer betrieben werden können. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Systems, das derzeit insbesondere zum Einsatz in Fitness- und Wellness-Studios sowie in Sportvereinen konzipiert ist, wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Am 22.6.2012 schlossen die Klägerin und die. M. S. G. mit Sitz in Essen, eine hundertprozentige Tochter der Beklagten zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2) als "Prokuristen", einen Vertriebsvertrag, wobei der Beklagte zu 2) jedoch zu keinem Zeitpunkt als Prokurist der. M. S. G. im Handelsregister eingetragen war. Dieser Vertriebsvertrag wurde am 1.10.2012 durch einen weiteren, zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) abgeschlossenen Vertriebsvertrag abgelöst, wobei die Beklagte zu 1) durch den Beklagten zu 2) als " " vertreten wurde. Die Einzelheiten dieser Verträge lassen sich den Anlagen K 4 und K 5 entnehmen. Noch vor dem Zustandekommen des ersten Vertriebsvertrages schloss die Klägerin mit dem Beklagten zu 2) eine Vertraulichkeitsvereinbarung, deren Einzelheiten aus der Anlage K 8 ersichtlich sind.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen ein auf der Internetseite http://v.-b.. com beworbenes Produkt "V.-B." (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform, vgl. Anlagen K 10 und K 11), das durch die Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben wird. In diesem Zusammenhang war die Beklagte zu 1) auf der internationalen Fachmesse "F.", die im April 2015 (09. - 12.04.) in Köln stattfand, mit einem Messestand vertreten, der unter anderem durch Herrn C. J. besucht wurde. Bei ihm handelt es sich um den Geschäftsführer einer Gesellschaft nach österreichischem GmbH-Recht, die ihrerseits zusammen mit Herrn Prof. D. F., dem eingetragenen Inhaber des Klagegebrauchsmusters, Gesellschafterin der Klägerin ist.

Als Geschäftsadresse der Beklagten war im Handelsregister des Kantons St. Gallen zunächst "S. G., W." angegeben. Seit dem 28.10.2015 lautet die Geschäftsadresse der Beklagten zu 1) ausweislich des als Anlage B 2 zur Akte gereichten Handelsregisterauszugs "S., H. N." in der S.. Auf der als Anlage K 11 vorgelegten Internetseite www.v.-b.c./i. fand sich am 2.7.2014 schließlich folgende Anschrift "C. H. M. S. A., C. H. S., B., D., S.".

Nach Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um eine Nachahmung ihres Systems "E. M. S.". Das von der Beklagten zu 1) vermarktete Produkt weise die Besonderheiten auf, welche das Produkt der Klägerin auszeichneten. Seit spätestens Februar 2014 und damit zu einem Zeitpunkt, als die Beklagten noch mit dem Vertrieb des "E. M. S" beauftragt gewesen seien, hätten die Beklagten das ihnen zum Zwecke des Vertriebs zur Verfügung gestellte System genutzt, um daraus den "V. B." zu entwickeln. Hierin liege ein unredlicher Vertrauensbruch, weshalb der Klägerin gegen die Beklagten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche zustünden. Zudem verletzten die Beklagten das Klagegebrauchsmuster, weshalb der Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt ein Unterlassungsanspruch zustehe. Abgesehen davon verstoße die Beklagte zu 1) auch gegen die ihr aus § 90 HGB erwachsenden Pflichten; das gesamte Gebaren der Beklagten sei mit der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns unv...

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