Leitsatz (amtlich)
1. Ein Steuerberater muss seinen Mandanten nicht erneut über steuerrechtliche Fragen belehren, die dem Mandanten aus einer vorangegangenen Betriebsprüfung und damit zusammenhängenden Belehrungen des Finanzamts und eines Rechtsanwalts im Einzelnen bekannt sind.
2. Wird der Arbeitgeber vom Finanzamt mit Haftungsbescheid gem. § 42d EStG wegen der nachträglichen Abführung zu wenig einbehaltener Lohnsteuer in Anspruch genommen, so hat der Arbeitgeber einen arbeitsrechtlichen Erstattungsanspruch in entspr. Höhe gegen die betroffenen Arbeitnehmer. Dieser Erstattungsanspruch des Arbeitgebers entsteht in dem Augenblick, in dem der Arbeitgeber die Steuerforderung für die Arbeitnehmer erfüllt.
3. Macht der Arbeitgeber diesen Erstattungsanspruch nicht geltend, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, so kann er die an das Finanzamt gezahlten Beträge regelmäßig nicht im Wege des Schadensersatzes von dem Steuerberater, dessen Verhalten zu den Steuernachforderungen beigetragen hat, erstattet verlangen. Etwas anderes gilt auch nicht hinsichtlich der Arbeitnehmer, die bei Entstehung des Erstattungsanspruchs bereits aus dem Betrieb ausgeschieden waren. Die Verfallklausel des § 16 Abs. 1 S. 2 des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe für NRW (Verfall aller Ansprüche nach Ablauf von zwei Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb) ist auf diesen Fall nicht anzuwenden. Sie ist nämlich nicht dahin auszulegen, dass sie auch solche Ansprüche erfassen soll, die bis zum Ablauf der dort genannten Frist noch nicht einmal entstanden waren.
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 19.03.2003; Aktenzeichen 19 O 389/02) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.3.2003 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Wuppertal wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
A. Die im Gastgewerbe tätige Klägerin macht gegen die Beklagten als ihre früheren steuerlichen Berater Schadensersatzansprüche geltend, wobei sie den geltend gemachten Betrag wegen der unterschiedlichen Beratungszeiträume des Beklagten zu 1) einerseits (bis 1996) und der Beklagten zu 2) andererseits (ab 1997) aufteilt. Die Klägerin begehrt den Betrag ersetzt, den sie aufgrund der Haftungsbescheide des Finanzamts W. vom 20.7.2001 (Bl. 27 GA) und vom 11.9.2001 (Bl. 32 GA) an das Finanzamt zu zahlen hatte. Das Finanzamt hatte mit diesen Bescheiden die Klägerin als Arbeitgeberin nach § 42d EStG in Anspruch genommen. Hintergrund war eine in den Jahren 1995 bis 1997 in zu geringem Umfang abgeführte Lohnsteuer für die Angestellten der Klägerin. Das beruhte zum einen auf einem unberechtigten Abzug eines Teils des Bruttolohns als steuerfreie Zuschläge (Nacht-, Feiertags-, Sonntagsarbeit) und zum anderen auf einer Angabe von Trinkgeldeinnahmen, die dem Finanzamt zu gering erschien, weshalb es hier Zuschätzungen vornahm. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 186 ff. GA) Bezug genommen.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe mit Blick auf die bestehenden Rückgriffsansprüche gegen ihre Arbeitnehmer einen Schaden nicht schlüssig dargelegt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags ihre Schadensersatzansprüche weiter verfolgt. Am Berufungsverfahren beteiligt sind allein noch die Beklagten zu 1) und 3), nachdem die Klägerin in erster Instanz die Klage gegen den Beklagten zu 2. zurückgenommen hatte.
Zur Begründung meint die Klägerin, die Beklagten hätten bei der Lohnbuchhaltung für die Jahre 1995 bis 1997 erhebliche Fehler begangen, die allein zu der nachträglichen Inanspruchnahme der Klägerin mit den Haftungsbescheiden geführt hätten. Ihr sei auch ein Schaden entstanden, weil Rückgriffsansprüche gegen ihre Angestellten nicht mehr bestünden bzw. nicht mehr durchgesetzt werden könnten. Dazu verweist sie darauf, dass auch nicht mehr sämtliche betroffenen Angestellten heute noch bei ihr beschäftigt seien.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie 29.885,38 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2002 zu zahlen,
2. die Beklagte zu 3) zu verurteilen, an sie 15.597,61 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2002 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie meinen, eine Pflichtverletzung nicht begangen zu haben. Im Übrigen fehle es auch mit Blick auf die Rückgriffsansprüche der Klägerin gegen ihre Angestellten an einem ersatzfähigen Schaden.
B....