Leitsatz (amtlich)
Die Erklärung des Schuldners, vom Gläubiger im Zeitraum von 27 Jahren ein Darlehen von insgesamt ca. 156.000 DM erhalten zu haben, kann ein bestätigendes (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis sein.
Normenkette
BGB § 781 a.F.
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Entscheidung vom 29.08.2000; Aktenzeichen 1 O 340/99) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29.8.2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal – 1 O 340/99 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin abwenden gegen Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entspr. Höhe leistet.
Die Sicherheiten können durch Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse mit Sitz in der Europäischen Gemeinschaft geleistet werden.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war seit 1992 Lebensgefährtin des Erblassers; die Beklagte dessen Ehefrau. Mit Testament vom 17.6.1992 (GA 28) hatten die Eheleute sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Die Klägerin kannte die Eheleute seit 1971 und half ihnen bei Buchführungen und Steuererklärungen (der Erblasser war Zahntechniker). Der Erblasser verstarb am 1.5.1999 (GA 13). Er hatte sich in der Zeit vom 13.11. bis zum 4.12.1998 im Krankenhaus/Kuraufenthalt befunden. Am 25.4.1999 hatte die Klägerin Pflegeleistungen für den Erblasser beantragt (GA 155 f.).
Die Klägerin verlangt von der Beklagten als Erbin Zahlung von 156.539,72 DM.
Zur Begründung hat sie sich berufen auf eine angebliche Vereinbarung mit dem Erblasser vom 10.12.1998 (GA 14), wonach der Erblasser von der Klägerin in der Zeit von 1971 bis 1998 ein Darlehen in eben dieser Höhe erhalten habe:
„Der Schuldner erhielt von der Gläubigerin ein Darlehen in der Zeit von 1971 bis 1998 von insgesamt 156.539,72 DM (einhundertsechsundfünfzigtausendfünfhundertneununddreißig).
Zur Sicherung dieses Darlehens lässt der Schuldner eine Grundschuld – zinslos – im Grundbuch – AG Düsseldorf – Grundbuch von Erkrath 3823 auf dem in seinem Besitz befindlichen Hausgrundstück eintragen.
Das vorgenannte Darlehen ist mit seinem Ableben von seinen Erben unverzüglich an die Gläubigerin zu zahlen.”
Das LG hat auf Klage im Urkundsprozess und entspr. Anerkenntnis der Beklagten im Vorbehaltsverfahren (GA 103) die Beklagte durch Anerkenntnisvorbehaltsurteil im Urkundsprozess antragsgemäß verurteilt.
Im Nachverfahren hat die Beklagte geltend gemacht, der Erblasser habe die Urkunde vom 10.12.1998 nicht unterzeichnet. Sie hat weiter bestritten (GA 145), dass der Erblasser seinerzeit aus gesundheitlichen Gründen überhaupt in der Lage gewesen sei, eine entspr. Urkunde inhaltlich zu würdigen, weil er sich im Krankenhaus befunden und die Klägerin für ihn Pflegeleistungen beantragt habe (Zeugnis Arzt, GA 146). Darüber hinaus habe der Erblasser finanziell die Aufnahme eines Darlehens nicht nötig gehabt.
Das LG hat im Nachverfahren das Vorbehaltsurteil bestätigt und – aus eigener Sachkunde – die Echtheit der Unterschrift festgestellt. Für das Vorliegen einer Geschäftsunfähigkeit hat es Anhaltspunkte nicht erkannt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die geltend macht, die Richter der Kammer seien nicht sachkundig gewesen, die Echtheit der Unterschrift zu beurteilen. Im Übrigen sei auch denkbar, dass die Klägerin über blanko Unterschriften verfügt habe.
Die „Vereinbarung” vom 10.12.1998 enthalte eine bloße Tatsachenmitteilung. Über die Höhe der angeblichen Darlehensforderung habe keine Unsicherheit bestanden. Sie meint, sie sei nicht mit dem Einwand ausgeschlossen, dass die Klägerin dem Erblasser kein Darlehen gewährt habe.
Hintergrund der „Vereinbarung” sei der Umstand gewesen, dass der Erblasser der Klägerin ein Vermächtnis habe zuwenden wollen. Zur Vermeidung von Erbschaftssteuer habe man dies als Darlehen getarnt.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung und wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Der Senat hat ein Schriftsachverständigengutachten eingeholt (GA 305 ff.). Danach besteht die hohe Wahrscheinlichkeit der Echtheit der Unterschrift (95 %). Die „Blankohypothese” hat der Sachverständige nicht beurteilt. Dafür sei erforderlich eine Altersbestimmung der verwendeten Schreibmaschine (GA 306); andererseits gestatte die Kugelschreiberpaste keine absolute Altersbestimmung (GA 312).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht der vom LG ausgeurteilte Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu.
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind die Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB.
Danach ist der Zahlungsanspruch der Klägerin gerechtfertigt aus der Vereinbarung der Klägerin mit dem Erblasser vom 10....