Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 2 O 67/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 21. September 2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach teilweise dahingehend abgeändert, dass die Verurteilung, es zu unterlassen, in dem Gebäude zu wohnen oder dieses Dritten zu Wohnzwecken zur Verfügung zu stellen, entfällt.

Im Umfang der Abänderung wird der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Gründe

I. Die am 19. Februar 2015 verstorbene Mutter der Parteien war Eigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks A-Straße ... in Stadt 1, das sie auch selbst bewohnte. In den letzten Jahren war die Mutter in zunehmendem Maße auf Hilfe angewiesen. Die Verfügungsbeklagte mietete daher Ende 2012/Anfang 2013 eine Wohnung im benachbarten B an. Im Februar 2014 wurde die Mutter für drei Wochen in eine Klinik eingewiesen. Inwieweit die Verfügungsbeklagte in der Folgezeit mit im Haus ihrer Mutter wohnte, ist streitig. Ende August 2014 wurde die Mutter in ein Heim eingewiesen, wo sie bis zu ihrem Tod verblieb. Beerbt wurde sie von den Parteien des vorliegenden Verfahrens.

Im September 2015 stellte der Verfügungskläger zu 1. Renovierungsarbeiten am Haus fest, nach deren Abschluss die Verfügungsbeklagte im März 2016 die Schlösser des Hauses auswechseln ließ. Jedenfalls seit diesem Zeitpunkt wohnt die Verfügungsbeklagte gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten in dem Haus.

Der Verfügungskläger zu 1. beantragte im Oktober 2015 den Erlass einer auf Einräumung des Mitbesitzes und Unterlassung des Bewohnens gerichteten einstweiligen Verfügung, die vom Landgericht Mönchengladbach im Berufungsrechtszug durch Urteil vom 24. März 2016 erlassen wurde. Ein auf diese gestützter Vollstreckungsantrag scheiterte jedoch am 10. Juli 2016, da es der Verfügungskläger zu 1. versäumt hatte, die einstweilige Verfügung durch nochmalige Zustellung im Parteibetrieb zu vollziehen.

Der Verfügungskläger zu 1. reichte daraufhin gemeinsam mit den weiteren Geschwistern, den Verfügungsklägern zu 2. und 3., am 21. Juli 2016 den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein.

Das Landgericht hat die Verfügungsbeklagte antragsgemäß zur Einräumung des Mitbesitzes am Haus verurteilt und ihr aufgegeben, es zu unterlassen, in dem Haus selbst zu wohnen oder es Dritten zu Wohnzwecken zur Verfügung zu stellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verfügungsbeklagte habe den Verfügungsklägern ihren mit dem Tod der Erblasserin nach § 857 BGB erlangten Mitbesitz durch verbotene Eigenmacht entzogen. Durch den Austausch der Schlösser habe sie ihren Alleinbesitzwillen zum Ausdruck gebracht. Zudem sei sie gemäß §§ 861 Abs. 1, 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Unterlassung des Bewohnens des Hauses verpflichtet. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die Verfügungsbeklagte erst nach dem gemeinschaftlichen Ausräumen des Hauses durch die Miterben den Besitz ergriffen und nicht schon vorher ständig in dem Haus gewohnt habe.

Hiergegen wendet sich die Verfügungsbeklagte mit ihrer Berufung. Sie trägt vor, sie habe den Verfügungsklägern nicht den Mitbesitz entzogen. Sie sei bereits zu Lebzeiten ihrer Mutter Mitbesitzerin gewesen; diesen Mitbesitz habe sie nie aufgegeben. Auch nach dem Ableben ihrer Mutter habe sie, wenn auch zeitweise in Abständen, im Haus gewohnt. Dies hätten der Zeuge Z1, ihr Lebensgefährte, und der Zeuge Z2 bestätigt.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mönchengladbach vom 21.09.2016 den Antrag der Verfügungskläger auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte zurückzuweisen.

Die Verfügungskläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungskläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Sie tragen vor, mit dem Tod der Erblasserin sei ein gleichrangiger Mitbesitz der Erben entstanden. Die Besitzentziehung liege folglich bereits in der Begründung der alleinigen Sachherrschaft der Verfügungsbeklagten. Nur die Verfügungsbeklagte und ihr Lebensgefährte hätten Schlüssel zum Objekt; allein sie bestimmten, wer das Haus betrete. So sei ihnen anlässlich der Besichtigung des Hauses durch den Sachverständigen im Teilungsversteigerungsverfahren der Zutritt verweigert worden.

Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert. Der Verfügungsgrund werde bei Besitzentziehungen durch verbotene Eigenmacht vermutet. Diese Vermutung sei auch nicht widerlegt. Die Versäumung der Vollziehungsfrist bei der ersten einstweiligen Verfügung beruhe ersichtlich auf einem Versehen und lasse daher nicht den Rückschluss zu, die Sache sei dem Verfügungskläger zu 1. selbst nicht eilig. Die Verfügungsbeklagte habe den Verfügungsklägern auch ihren Mitbesitz entzogen. Es sei von einem Alleinbesitz der Mutter bis zu ihrem Tod auszugehen. Kinde...

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