Leitsatz (amtlich)
1. Weigert sich der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses die Räume zurückzunehmen, weil sie noch nicht vollständig geräumt seien, so liegt kein Vorenthalten des Mieters vor, wenn noch einzelne, die Nutzung des Mietobjekts nicht wesentlich hindernde Sachen in den Räumen geblieben sind.
2. Der Vermieter gerät in diesem Fall in Annahmeverzug, wenn er das wörtliche Angebot des Mieters, die Schlüssel am Ort der belegenen Sache zurückzugeben, nicht annimmt.
Normenkette
BGB §§ 295, 535, 557 a.F. (546a n.F.)
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 10.12.2002; Aktenzeichen 24 O 40/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 10.12.2002 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Duisburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 566,04 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.10.2001 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 90 %, die Beklagte 10 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Nach beendetem Mietverhältnis mit Ablauf des 30.9.2001 hatte die Beklagte (Mieterin) der Klägerin (Vermieterin) mit Schreiben vom 29.9.2001, das bei der Klägerin am 4.10.2001 eingegangen war, die Rückgabe der Mietsache (Gewerberäume, in denen die Beklagte eine Kfz-Werkstatt betrieben hatte) angeboten. Die Klägerin wies das Angebot zurück unter Hinweis darauf, die Mietsache sei nur unvollständig geräumt. Am 13.12.2001 nahm die Klägerin die Räume zurück und bestätigte sie als „ordnungsgemäß übergeben”, obwohl die Beklagte weitere Räumungsleistungen nicht erbracht hatte. Das bebaute Grundstück, auf dem mehrere Gewerbebetriebe Räume gemietet hatten, darunter ein weiterer Kfz-Betrieb, hatte die Klägerin veräußert. ggü. der Erwerberin, die die aufstehenden Gebäude wegen einer Neubebauung abreißen ließ, hatte sie sich anlässlich der Grundstücksübergabe am 29.4.2002 verpflichtet, bestimmte näher bezeichnete Sachen auf ihre Kosten vom Grundstück zu entfernen zu lassen.
Das LG hat die Beklagte nach Beweisaufnahme antragsgemäß zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung i.H.v. 5.306,66 Euro für die Zeit vom 1.10. bis 13.12.2001 (nebst Zinsen) verurteilt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit welcher sie weiter die Abweisung der Klage verfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das angefochtene Urteil verwiesen.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat überwiegend Erfolg. Die Beklagte schuldet der Klägerin Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltung der Mietsache nur in der Zeit vom 1. bis zum 8.10.201. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
1. Die Beklagte schuldet der Klägerin Nutzungsentschädigung gem. § 546a Abs. 1 BGB (§ 557 Abs. 1 BGB a.F.) nur während der Vorenthaltung der Mietsache. Vorenthalten hat die Beklagte sie der Klägerin aber nur bis zum 8.10.201.
a) Ein Vorenthalten i.S.d. vorgenannten Bestimmung liegt nach ganz herrschender Auffassung in Rspr. und Lit. nur dann vor, wenn der Mieter die Mietsache nach beendetem Mietverhältnis nicht zurückgibt und das gegen den Willen des Vermieters geschieht (OLG Düsseldorf ZMR 2003, 23 = NZM 2002, 742). Vorenthalten der Mietsache bedeutet demnach die Weigerung des Mieters, den nach rechtlich beendetem Mietverhältnis geltend gemachten Anspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache (§ 546 Abs. 1 BGB) zu erfüllen. Ein Vorenthalten liegt dagegen nicht vor, wenn sich der Vermieter zu Unrecht weigert, die ihm zur Rückgabe angebotene Mietsache anzunehmen (OLG Düsseldorf ZMR 2003, 23 = NZM 2002, 742).
b) Von diesem Rechtsverständnis geht auch das LG im Ansatz zutreffend aus. Es meint jedoch, die Beklagte habe der Klägerin wegen unvollständiger Räumung ein annahmefähiges Rückgabeangebot nicht unterbreitet, so dass jene nicht in Annahmeverzug geraten sei. Diese Rechtsauffassung trifft auf der Grundlage des gewonnenen Beweisergebnisses nicht zu.
aa) Richtig ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt, wonach ein annahmefähiges und -pflichtiges Rückgabeangebot nur dann vorliegt, wenn der Mieter dem Vermieter die tatsächliche Gewalt über die Mietsache i.S.d. § 854 Abs. 1 BGB anbietet und einräumt. Bei Räumen geschieht das regelmäßig dadurch, dass der Mieter sie räumt und dem Vermieter die Schlüssel anbietet. Ein Mieter, der zwar die Schlüssel übergibt, aber nicht räumt (oder umgekehrt), erfüllt den Rückgabeanspruch des Vermieters nicht (BGH NJW 1988, 2665, 2666). Dementsprechend bedeutet das im Vorfeld der Erfüllungshandlung, dass der Vermieter, der die Rücknahme nicht geräumter Mietflächen ablehnt, nicht in Annahmeverzug gerät (BGH NJW 1983, 1049, 1050; vgl. auch Senat a.a.O.). Bis zur Räumung bleibt dem Vermieter die Mietsache vorenthalten und der Mieter zur Zahlung der Nutzungsentschädigung verpflichtet.
bb) In Annahmeverzug gerät der Vermieter aber dann, wenn er ein Erfül...