Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 02.05.2006) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 2. Mai 2006 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin, eine gesetzliche Betriebskrankenkasse, verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz wegen Kreditgewährung unter Verstoß gegen das für Krankenkassen in § 220 SGB V normierte Kreditaufnahmeverbot im Zeitraum von 10/2001 bis 6/2002 in Höhe von 366.438.000,-- EUR sowie weiterer 22.963.628,31 EUR als Zinsschaden vom 1. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2006. Der Streithelfer war im Zeitraum der beanstandeten Kreditgewährung Vorsitzender des Verwaltungsrats der Klägerin und Vorstandssprecher der Beklagten. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig eingelegte und fristgerecht begründete Berufung der Klägerin.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe als langjährige Hausbank und Mitgründerin durch die Kreditgewährung zur Finanzierung laufender Ausgaben im Zeitraum 10/2001 bis 6/2002 ihre sich aus dieser Geschäftsbeziehung ergebenden Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten schuldhaft verletzt.
Das Landgericht habe den Schutzgesetzcharakter der Vorschrift des § 220 Abs. 1 SGB V rechtsfehlerhaft verneint.
Da die Rechtsfähigkeit juristischer Personen vom Umfang ihrer gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen abhänge, fehle der Krankenkasse, die unter Verstoß gegen § 220 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 222 SGB V Darlehensverträge abschließe, insoweit die Rechtsfähigkeit. Gleichwohl abgeschlossene Darlehensverträge seien daher von Anfang an nichtig. Hilfsweise gelange man zu demselben Ergebnis, wenn man das Kreditaufnahmeverbot des § 220 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 222 SGB V als gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB qualifiziere.
Mit ihrer ausufernden Kreditgewährung habe die Beklagte die Kredithöchstgrenze gemäß § 49 GenG überschritten. In ihrer Mitgliederversammlung am 14. Juni 2002 habe sie sich daher die Kredithöchstgrenze gemäß § 49 GenG rückwirkend zum 31. Dezember 2001 auf 113,5 Mio. EUR erhöhen lassen.
Die Beklagte sei aber auch zum Ersatz des Schadens verantwortlich, der dadurch entstanden sei, dass der Streithelfer in seiner Eigenschaft als Vorstandssprecher der Beklagten im Jahre 2000 eine Sitzverlegung der Krankenkasse nach XY-Stadt verhindert habe, so dass sie weiterhin eine überhöhte Kopfpauschale bis zum 31. Dezember 2001 an die Kassenärztliche Vereinigung O-Bundesland und (nach Einführung des Wohnortprinzips) an die für die Mitglieder zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen habe zahlen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 2. Mai 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie
1.
366.438.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2004 zu zahlen;
2.
weitere 22.963.628,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2006 zu zahlen.
Die Beklagte und der Streithelfer beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und der Streithelfer verteidigen das angefochtene Urteil.
Da der Vorstand der Klägerin den Inhalt und die Bedeutung aller maßgeblichen, die Haushaltsführung regelnden Bestimmungen gekannt habe, habe kein Aufklärungsbedarf bestanden.
Die Ursache für einen Schaden wäre in so überwiegendem Maße von dem eigenverantwortlichen und im Rahmen seiner Zuständigkeit handelnden Vorstand der Klägerin selbst zu verantworten, dass jegliche Verletzung einer Nebenpflicht ihrerseits nicht ins Gewicht fiele.
Wegen der geltend gemachten Schadensersatzansprüche aufgrund angeblich verhinderter Sitzverlegung der Klägerin nach XY-Stadt erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge sowie die nachstehend getroffenen tatsächlichen Feststellungen.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
1.
Die Klage ist zulässig.
a)
Der von der Klägerin vorgenommene Übergang von der Feststellungsklage nebst Hilfsanträgen sowie kumulativem Zahlungsantrag in erster Instanz zur zusammenfassenden Leistungsklage im Berufungsantrag zu 1.) ist - soweit er nicht auf eine Haftung der Beklagten wegen angeblicher Verhinder...