Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz nach Kfz-Unfall: Mietwagenkostenschätzung auf der Grundlage des Fraunhofer-Marktpreisspiegels; zusätzliche Kosten für Winterbereifung

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 2 S. 1; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 23.04.2014; Aktenzeichen 7 O 143/13 U)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.4.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf, Az. 7 O 143/13, unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels der Beklagten und der Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 140,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.6.2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird desweiteren verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 Euro gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz fallen der Klägerin zur Last.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(Ohne Tatbestand gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

I. Die zulässige Berufung der Beklagten hat ganz überwiegend Erfolg, während die zulässige Berufung der Klägerin unbegründet ist.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 140,91 Euro. Wegen der darüber hinaus geltend gemachten Mietwagenkosten steht der Klägerin demgegenüber kein Erstattungsanspruch zu, weil die weiteren Kosten keinen erforderlichen Wiederherstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) darstellen.

II.1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 5.2.2013, Az. VI ZR 290/11, NJW 2013, 1149, juris Rdn. 13; Urteil vom 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539 f.; juris Rdn. 8 mit zahlr. w.Nw) kann der Geschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann er dabei für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen. Darüber hinausgehende bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte nach dieser Rechtsprechung aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war (BGH Urteil vom 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11, a.a.O. m.w.N.).

2) Die Klägerin hat nicht behauptet bzw. dargelegt, dass den Unfallgeschädigten, deren Erstattungsanspruch hinsichtlich der Mietwagenkosten die Klägerin aus abgetretenem Recht mit der vorliegenden Klage geltend macht, auf dem regionalen Markt kein günstigerer Mietwagentarif zugänglich gewesen ist als derjenige, den die Klägerin den Unfallgeschädigten jeweils offeriert hat. Hier ist zwischen den Parteien insbesondere nicht streitig, dass die Klägerin nicht der einzige Anbieter vergleichbarer Mietfahrzeuge auf dem örtlich relevanten Markt war. Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass es den Unfallgeschädigten nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist, sich nach günstigeren Tarifen zu erkundigen. Da die Klägerin somit die Erforderlichkeit der von den Unfallgeschädigten in Anspruch genommenen Tarife im konkreten Fall nicht dargelegt hat, hat sie von vornherein aus abgetretenem Recht nur einen Anspruch auf Erstattung des jeweils angemessenen "Normaltarifes". Dementsprechend macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage auch - bis auf die Fälle 1, 2, 6, 7 und 9, in den zwischen den Parteien unstreitig auf der Grundlage des Unfallersatztarifes abgerechnet wird -, lediglich den ihrer Ansicht nach anhand der "Schwacke-Liste" 2012 jeweils zu schätzenden und von ihr jeweils entsprechend bezifferten angemessenen "Normaltarif geltend.

III.1) Die Ermittlung der Schadenshöhe und damit des angemessenen "Normaltarifes" ist Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl könn...

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