Leitsatz (amtlich)
1. Fertigt der Architekt auf Wunsch des Bauherrn sukzessive drei umfangreiche Entwurfspläne, in die mehrfache Änderungswünsche des Bauherrn einfließen, und begleitet er den Bauherrn zu einer Besprechung mit der Bauverwaltung, um auf Basis dieser Entwurfspläne die behördliche Ansicht zur baurechtlichen Machbarkeit von grundlegenden Um-/Ausbaumaßnahmen an seinem Objekt zu erfahren, folgt daraus der rechtsgeschäftliche Wille des Bauherrn, die vom Architekten erbrachten Leistungen als vertraglich geschuldete Leistungen (und nicht als Akquisitionsleistungen) entgegenzunehmen.
2. § 125 BGB steht der Wirksamkeit einer solchen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung auch dann nicht entgegen, wenn der Architekt dem Bauherrn den Entwurf eines Architektenvertrages vorlegt, den der Bauherr nicht unterschreibt, aber einer rechtsgeschäftlichen Bindung nicht widerspricht und den Architekten im Folgenden mit erneuten Änderungswünschen einen weiteren umfangreichen Entwurfsplan als Grundlage für ein Behördengespräch zeichnen lässt.
3. Eine beim Bauherrn bestehende Ungewissheit über die Realisierbarkeit eines Bau- bzw. Umbauvorhabens und die Tatsache, dass die vom Bauherrn gewünschte Architektenleistung lediglich als Entscheidungsgrundlage dienen soll, ob sich das Bauvorhaben auf eine baurechtlich zulässige und wirtschaftlich rentable Weise durchführen lässt, sind nicht ohne weiteres Umstände, die die Annahme einer Unentgeltlichkeit der Architektenleistungen begründen können.
4. Auch wenn der Architekt regelmäßig die finanziellen und wirtschaftlichen Interessen und Kostenvorgaben/-vorstellungen des Bauherrn zu berücksichtigen hat, ist er nicht der allgemeine Wirtschafts- und Finanzberater des Bauherrn und nicht ohne weiteres verpflichtet, den Bauherrn zur wirtschaftlichen Überprüfung von - auch subjektiv - geprägten Entscheidungen im Rahmen des Kaufs und geplanten Umbaus einer älteren Immobilie zu drängen.
5. Richtet der Architekt seine Schreiben und den Entwurf eines Architektenvertrages an die Grundstückseigentümerin, fehlt ihm ein Rechtsbindungswillen für einen Architektenvertrag mit deren Ehemann, auch wenn dieser überwiegend die Gespräche mit dem Architekten und der Baubehörde führt und an der Planung dominant mitwirkt.
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 18.05.2007; Aktenzeichen 1 O 472/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. wird das am 18.5.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des LG Kleve unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an den Kläger 16.963,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 14.616 EUR seit dem 1.7.2006 und aus weiteren 1.777,50 EUR seit dem 19.12.2006 zu zahlen.
Die Klage gegen den Beklagten zu 1. und die weitergehende Klage gegen die Beklagte zu 2. werden abgewiesen.
Die Kosten des 1. und 2. Rechtszuges werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers fallen diesem zu 67 % und der Beklagten zu 2. zu 33 % zur Last. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. fallen dem Kläger zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. fallen dieser zu 67 % und dem Kläger zu 33 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger verlangt Architektenhonorar gemäß seiner Rechnung vom 1.10.2006 für die Grundlagenermittlung, Vorplanung und (teilweise) Entwurfsplanung betreffend den Umbau und die Erweiterung des im Eigentum der Beklagten zu 2. stehenden Wohnhauses nebst Anbauten in I, Z K W 36. Der Beklagte zu 1. bestreitet seine Passivlegitimation. Beide Beklagten wenden ein, ein Architektenvertrag sei noch nicht zustande gekommen; die Aquisitionsphase sei noch nicht überschritten gewesen. Im Übrigen seien die Planungen des Klägers mangelhaft. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen des LG verwiesen.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang entsprochen und zur Begründung ausgeführt:
Aus den unstreitig zwischen den Parteien geführten Gesprächen und den recht erheblichen Leistungen des Klägers lasse sich entnehmen, dass der Kläger über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten (August bis Dezember 2005) in Kenntnis der Beklagten mit dem Bauvorhaben befasst gewesen sei. Auch wenn die Beklagten mit dem letzten Entwurf des Klägers noch nicht vollständig einverstanden gewesen seien und formal noch keine Bauvoranfrage gestellt worden sei, hätten die erheblichen Architektenleistungen des Klägers für die Beklagten die Phase der reinen - unentgeltlichen - Akquisition bereits verlassen und es sei von einem mündlichen Architektenvertrag auszugehen, zumal...