Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Preisänderungsklausel für Reiseverträge („Kerosinzuschlag”)
Normenkette
BGB § 651a Abs. 3 und 4 a.F. 654m a.F.; AGBG §§ 8-9, 10 Nr. 4, § 11 Nr. 1; EG-Pauschalreiserichtlinie Art. 4 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 12 O 175/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.11.2000 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf geändert.
Der Beklagten wird untersagt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf Reiseverträge die folgende oder dieser inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden, soweit der Vertrag nicht mit einem Unternehmer geschlossen wird:
„Preisänderungen sind nach Abschluss des Reisevertrages im Falle der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Fluggebühren in dem Umfang möglich, wie sich die Erhöhung der Beförderungskosten oder Abgaben für bestimmte Leistungen pro Kopf bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, wenn zwischen dem Zugang der Reisebestätigung/Rechnung und dem vereinbarten Reiseantritt mehr als 4 Monate liegen. Sollte dies der Fall sein, werden Sie unverzüglich, spätestens jedoch 21 Tage vor Reiseantritt davon in Kenntnis gesetzt.”
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise gegen ihre Geschäftsführer zu vollstreckende Ordnungshaft, oder gegen ihre Geschäftsführer zu vollstreckende Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 22a AGBG eingetragen. Die Beklagte ist als Reiseveranstalterin tätig. In der Sommersaison 2000 verwandte sie regelmäßig „Reise- und Zahlungsbedingungen” (im Folgenden: RZB), die die folgenden Bestimmungen enthielten:
„4. Leistungs- und Preisänderungen
4.3. Preisänderungen sind nach Abschluss des Reisevertrages im Falle der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Fluggebühren in dem Umfang möglich, wie sich die Erhöhung der Beförderungskosten oder Abgaben für bestimmte Leistungen pro Kopf bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, wenn zwischen dem Zugang der Reisebestätigung/Rechnung und dem vereinbarten Reiseantritt mehr als 4 Monate liegen. Sollte dies der Fall sein, werden Sie unverzüglich, spätestens jedoch 21 Tage vor Reiseantritt davon in Kenntnis gesetzt. Preiserhöhungen danach sind nicht zulässig. Bei einer Preiserhöhung von über 5 % des Reisepreises oder im Falle einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung sind Sie berechtigt, ohne Gebühren vom Reisevertrag zurückzutreten oder die Teilnahme an einer anderen mindestens gleichwertigen Reise aus unserem Programm zu verlangen, wenn wir in der Lage sind, Ihnen eine solche anzubieten. Sie haben die Rechte unverzüglich nach der Erklärung über die Preiserhöhung oder Änderung der Reiseleistung uns ggü. geltend zu machen.”
Seit der Wintersaison 2000/2001 hat die Beklagte diese Klausel durch eine abgewandelte, im Wesentlichen jedoch inhaltsgleiche Fassung ersetzt.
Der Kläger wendet sich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang mit der Unterlassungsklage nach § 13 AGBG gegen die ursprüngliche Fassung der Formularbestimmung. Er hat geltend gemacht, die Regelung sei gem. §§ 10 Nr. 4, 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil sie keine der Möglichkeit einer Prüfung entsprechende Verpflichtung zur Preissenkung enthalte, wenn die bezeichneten Kosten des Reiseveranstalters sich ermäßigten. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 13.6.1990 über Pauschalreisen – 90/314/EWG – (ABl. EG Nr. L 158 vom 23.6.1994, S. 59 ff.; im Folgenden: Pauschalreiserichtlinie) sehe eine solche Verknüpfung vor und sei vom Bundesgesetzgeber in § 651a Abs. 3 und 4 BGB insoweit nicht vollständig umgesetzt worden. § 651a Abs. 3 BGB sei deshalb richtlinienkonform auszulegen und könne ein einseitiges Preiserhöhungsrecht nicht rechtfertigen. Die beanstandete Regelung sei zudem mit wesentlichen Grundgedanken der §§ 651a Abs. 3 und 4, 651m BGB nicht vereinbar und damit gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam, weil sie den Eindruck erwecke, ein Preiserhöhungsverlangen bis zum 21. Tag vor Reiseantritt wahre in jedem Fall das Gebot der „unverzüglichen” Mitteilung. Die erforderliche Verknüpfung mit dem Zeitpunkt der Kenntnis von den Kosten...