Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbung für Alkoholika - Bekömmlichkeit
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 02.10.2009) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 2.10.2009 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Kleve teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfügungsverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Gründe
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache in vollem Umfang Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung liegen auch insoweit nicht vor, als das LG dem Antrag des Antragstellers entsprochen hat. Es fehlt an einem Verfügungsgrund. Über diesen ist nach einer Abwägung der sich gegenüberstehenden Parteiinteressen zu entscheiden (Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl. 2003, Rz. 51 m.w.N.). Dem Interesse des Antragstellers an der begehrten Eilmaßnahme sind die Nachteile gegenüberzustellen, die der Antragsgegnerin aus der Anordnung drohen (Berneke, a.a.O.). Diese Abwägung fällt hier gegen den Antragsteller aus. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist widerlegt. Dem Antragsteller kann zugemutet werden, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Der vorläufigen Sicherung seiner Ansprüche bis dahin bedarf es nicht.
Das Interesse des Antragstellers geht nach der ausdrücklichen Erklärung seines Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahin, im Interesse seiner Mitglieder eine Klärung darüber zu erreichen, in welchem Umfang eine Werbung mit möglicherweise gesundheitsbezogenen Wirkungen von Alkohol noch möglich ist. Diese angestrebte Klärung kann im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht erreicht werden. Gegenstand des Verfahrens ist ein Anspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. EG Nr. L 404 vom 30.12.2006, S. 9, sog. "Health-Claims-Verordnung", HCVO). Danach dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von - wie hier - mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen. Gemäß Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO bezeichnet der Ausdruck "gesundheitsbezogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Darauf, ob die angegriffenen Angaben der Antragsgegnerin zu ihrer Kräuterspirituose unter dieses Verbot fallen, bezieht sich der Klärungsbedarf des Antragstellers.
Der Begriff der "gesundheitsbezogenen Angabe" bei alkoholischen Getränken ist in höchstem Maße unklar. Eine Definition der "Gesundheit" enthält die HCVO nicht. Ein Vorschlag des Europäischen Parlaments, die sehr weite Definition der WHO aufzunehmen ("Zustand allgemeinen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens", vgl. Anlage BK 1), hat sich nicht durchgesetzt. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass es Angaben zum allgemeinen körperlichen Wohlbefinden geben muss, die keine "gesundheitsbezogenen Angaben" darstellen. Dahin geht auch die Auffassung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 25.4.2006 (Anlage AG 6). Sie betrifft Art. 10 Abs. 3 HCVO, in dem Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Lebensmittels für die "Gesundheit im Allgemeinen" dem "gesundheitsbezogenen Wohlbefinden" gegenübergestellt sind. In diesem Zusammenhang ist das Bundesministerium der Ansicht, dass "Verbraucher bei Aussagen wie 'bekömmlich' und 'wohltuend' keine Assoziation zur Gesundheit haben dürften." Weiter heißt es dort: "Auch ich bin der Auffassung, dass solche Angaben nicht unter den Begriff der gesundheitsbezogenen Angaben fallen." Auch diese Auffassung setzt voraus, dass nicht jeder Bezug zum körperlichen Wohlbefinden als gesundheitsbezogen anzusehen ist (so wohl auch OVG Rheinland-Pfalz WRP 2009, 1418). Der Senat folgt diesem Ansatz und sieht das Problem darin, werblich angesprochene menschliche Befindlichkeiten in solche des allgemeinen Wohlbefindens und solche mit Gesundheitsbezug einzuteilen.
Die im vorliegenden Verfahren angegriffenen Aussagen sprechen in diesem Zusammenhang ein breites Spektrum von Wirkungen an, mit denen das alkoholische Getränk beworben wird. Es geht - soweit nach dem Stand der letzten mündlichen Verhandlung noch Gegenstand des Berufungsverfahrens - um die folgenden Angaben:
a) "besonders nach dem Essen - für den Magen - er tut einfach gut"
b) "U. weltweit im Dienste des Wohlbefindens"
c) "Wohlbefinden für den Magen"
d) "Garantie für höchste Bekömmlichkeit"
e) "appetitanregend/seine appetitanregenden Eigenschaften"
f) "verdauungsfördernd/seine verdauungsfördernden Eigenschaften".
Sie reichen von einer sehr allgemeinen Bezugnahme a...