Entscheidungsstichwort (Thema)

Beratungspflicht des Rechtsanwalts über die Erfolgsaussichten eines Arrestverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Rechtsanwalt muss von einem Arrestgesuch abraten, wenn er dieses nur auf Vermutungen seines Mandanten stützen kann (hier: befürchtete Vermögensverschiebungen durch geschiedenen Ehemann der Mandantin).

2. Zum Wegfall des Honoraranspruchs des Rechtsanwalts in einem solchen Fall.

3. Der Wert außergerichtlicher Verfolgung eines Zugewinnausgleichsanspruchs richtet sich nach dem vom Mandanten verfolgten Interesse.

4. Die daraus entstandene Geschäftsgebühr ist nicht auf die Prozessgebühr des Arrestverfahrens anzurechnen.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 628, 675, 1378; ZPO § 917; BRAGO § 8 Abs. 1S. 2, § 118 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 30.01.2004; Aktenzeichen 1 O 219/03)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten und des weiter gehenden Rechtsmittels der Klägerin wird auf deren Berufung das am 30.1.2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner 4.522,78 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.3.2003 zu zahlen.

Die Klägerin wird unter Abweisung der weiter gehenden Widerklage verurteilt, an die Beklagten zur gesamten Hand 1.182,49 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz seit dem 11.6.2003 zu zahlen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin zu 22 %, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 78 %; die des zweiten Rechtszuges werden der Klägerin zu 17 %, den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 83 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Ende Mai 2001 begab sich die Klägerin in die Beratung der beklagten, miteinander soziierten Rechtsanwälte, wobei der Beklagte zu 1) (nachfolgend Beklagter genannt) die Sachbearbeitung übernahm. Die Klägerin wollte wissen, ob sie ggü. ihrem Ehemann (nachfolgend Ehemann genannt), mit dem sie im gesetzlichen Güterstand gelebt hatte und von dem sie seit dem 1.10.1996 rechtskräftig geschieden ist, einen durchsetzbaren Anspruch auf Ausgleich des ehelichen Zugewinns habe. Die Klägerin hatte kein Endvermögen. Der Ehemann hatte ein ihm allein gehörendes Uhrengeschäft im Jahre 1999 veräußert. Der Verkaufserlös (60.000 DM) floss an die Klägerin. Das Zweifamilienhaus, das auf einem von den Eltern des Ehemanns diesem allein geschenkten Grundstück errichtet worden war, teilte der Ehemann in zwei Wohnungseigentumseinheiten auf. Eine Einheit wurde im Jahre 2000 an den gemeinsamen Sohn veräußert. Der Veräußerungserlös (150.000 DM) floss an die Klägerin, der zum Verkehrswert überschießende Betrag (ca. 100.000 DM) wurde dem Sohn mit Zustimmung der Klägerin geschenkt. Ebenfalls im Jahre 2000 hatte der Ehemann Ansprüche aus einer zu seinen Gunsten abgeschlossenen, im Jahre 2002 fällig gewordenen Lebensversicherung zur Hälfte an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin hatte die Vorstellung, dass ihr aus Anlass der nun beabsichtigten Veräußerung der zweiten Wohnungseinheit ein weiterer Ausgleich von mindestens noch 190.000 DM zustehe. Der anwaltlich beratene Ehemann ließ vom Beklagten namens der Klägerin außergerichtlich geltend gemachte Ausgleichsansprüche (680.000 DM) zurückweisen. Er stellte sich auf den Standpunkt, der Klägerin sei genug zugeflossen, im Übrigen sei Verjährung eingetreten. Daraufhin beantragte der Beklagte namens der Klägerin gegen den Ehemann im Hinblick auf die drohende Veräußerung der zweiten Wohneinheit den dinglichen Arrest zur Sicherung eines Ausgleichsanspruchs i.H.v. 190.000 DM (7 F 998/01 AG Rheinberg). Nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung nahm der Beklagte den Arrestantrag namens der Klägerin zurück. Das Arrestverfahren verursachte (unstreitig) von der Klägerin ausgeglichene Kosten in der Gesamthöhe von 4.522,78 EUR (Gerichtskosten: 731,15 EUR, Kostennote der Beklagten: 1.880,12 EUR, gegen die Klägerin festgesetzte Kosten des Ehemanns: 1.911,56 EUR), wobei die Klägerin zur Befriedigung der letztgenannten Kostenposition die Hilfe des mit ihr befreundeten Zeugen H in Anspruch nahm.

Die Klägerin hat u.a. geltend gemacht: Die Beantragung des dinglichen Arrests sei (unabhängig von der Frage, ob ein Ausgleichsanspruch bestanden habe und ob dieser verjährt sei) schon deswegen fehlerhaft gewesen, weil weder der Arrestanspruch noch der Arrestgrund schlüssig dargelegt und auch nicht glaubhaft gemacht worden seien. Nach Teilklagerücknahme (1.903,14 EUR) hat sie die Beklagten als Gesamtschuldner erstinstanzlich im Wege des Schadensersatzes auf Rückzahlung der Arrestkosten (4.522,78 EUR nebst gesetzlicher Zinsen) in Anspruch genommen.

Die Beklagten haben um Klageabweisung gebeten und widerklagend als "Gesamtgläubiger" (gemeint ist Gesamthandsgläubiger) die mit Kostennote vom 20.5.2003 abgerechneten Gebühren geltend gemacht, welche für die außergerichtliche Vertretung der Klägerin im Streit um den Zugewinnausgleich nach einem Ge...

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