Leitsatz (amtlich)
Die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs setzt ausnahmsweise eine Abmahnung ggü. dem säumigen Mieter voraus, wenn sich dem Vermieter der Schluss aufdrängen muss, dass die Nichtzahlung der Miete nicht auf Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit beruht.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 17.06.2003; Aktenzeichen 6 O 75/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17.6.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die im Souterrain des Hauses A. in D. gelegenen Räume 5, 6 und 7 gem. der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 18.4.2002 als Anlage K 8 überreichten und diesem Urteil in Fotokopie beigefügten Skizze zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen zu 9/10 der Klägerin und 1/10 der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.500 Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Mit Vertrag vom 27.11.1988 (Bl. 6 ff. GA) verpachtete die Klägerin der Beklagten den Gastraum, 2 Toiletten und einen Nebenraum im Hause A. in D. auf die Dauer von 10 Jahren zum Betriebe einer Imbissstube. Durch Zusatzvereinbarung vom 19.1.1999 (Bl. 17 GA) wurde die Laufzeit bis zum 31.12.2008 verlängert und der Mietzins auf monatlich 3.230 DM zzgl. einer Nebenkostenvorauszahlung von 200 DM festgesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vertragsurkunden Bezug genommen.
Im Dezember 1991 schloss die Beklagte mit Zustimmung der Klägerin einen Unterpachtvertrag mit ihrer Schwägerin P. über das eingangs bezeichnete Objekt. Diese zahlte in der Folgezeit den von der Beklagten geschuldeten Pachtzins unmittelbar an die Klägerin.
Mit Schreiben vom 24.11. und 5.12.2001 (Bl. 19/20 GA) kündigte die Klägerin das Pachtverhältnis mit der Beklagten fristlos. Zur Begründung gab sie an, es bestehe ein Zahlungsrückstand von 11 Monatspachten bzw. ein solcher von 67.140 DM.
Die Beklagte widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 27.11.2001 (Bl. 12/13 GA). Am 30.11.2001 überwies sie der Klägerin einen Betrag von 48.020 DM zwecks Tilgung des Pachtrückstandes.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Beklagte zunächst auf Räumung und Herausgabe der eingangs beschriebenen Räumlichkeiten in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom 18.4.2002 (Bl. 57 GA) hat sie Klage dahingehend erweitert, dass sie auch die Räumung und Herausgabe weiterer Räume im gleichen Objekt verlangte, weil die Beklagte diese "ohne vertragliche Vereinbarung" nutzte.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie macht geltend, der Pachtzinsrückstand, auf den die Kündigungen der Klägerin gestützt worden seien, sei von dieser im Wege kollusivem Zusammenwirkens mit der Unterpächterin P. herbeigeführt worden. Dies zeige vor allem der Umstand, dass beide bereits unter dem 4./5.11.2001 einen Pachtvertrag geschlossen hätten (Bl. 25/26 GA).
Durch das angefochtene Urteil (Bl. 161 ff. GA) hat das LG die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Ein Räumungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin bestehe nicht, weil das von den Parteien begründete Pachtverhältnis nicht beendet worden sei. Die Kündigungen der Klägerin sei nämlich wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam. Die Klägerin habe nämlich erkennbar lediglich beabsichtigt, mit der Unterpächterin kollusiv zusammenzuwirken, um einen Rechtsverlust der Beklagten zu begründen, ohne diese über die Pachtzinsrückstände, die ihr aufgrund der praktizierten Handhabung nicht bekannt sein mussten, zu informieren.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr ursprüngliches Klageziel weiter verfolgt. Dazu wiederholt und ergänzt sie ihr früheres Vorbringen.
Die Beklagte beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Zusätzlich zieht sie die Prozessfähigkeit der Klägerin in Zweifel.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien, die bei den Akten befindlichen schriftlichen Unterlagen und den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Ihre Prozessfähigkeit steht nicht in Frage. Nach der Lebenserfahrung sind Störungen der Geistestätigkeit Ausnahmeerscheinungen (vgl. z.B. BGH v. 22.12.1982 - V ZR 89/80, BGHZ 86, 184 [189] = MDR 1983, 388 = NJW 1983, 996 [997]). Dies hat zur Folge, dass es der hierauf sich berufenden Partei obliegt, entsprechende Tatsachen vorzutragen. Daran fehlt es vorliegend. Nach den Feststellungen des Notars Dr. S., der die Vorsorgevollmacht vom 10.1.2...