Tenor

  1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit dadurch die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist.
  2. In diesem Umfang wird die Anklage der Staatsanwaltschaft Wuppertal vom 6. August 2015 (50 Js 180/14) betreffend alle Angeschuldigten mit Ausnahme des Angeschuldigten Y.S. zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Wuppertal - große Strafkammer - mit der Maßgabe eröffnet, dass der Angeschuldigte S. (ebenso wie der Angeschuldigte S.) hinreichend verdächtig ist, den anderen Angeschuldigten Beihilfe zu einem Verstoß gegen das Uniformverbot (§ 3 Abs. 1, § 28 VersammlG, § 27 Abs. 1 StGB) geleistet zu haben.
  3. Das Verfahren gegen den Angeschuldigten Y.S. wird gemäß § 205 Abs. 1 Satz 1 StPO vorläufig eingestellt.
 

Gründe

I.

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen unternahmen die Angeschuldigten am Abend des 3. September 2014 einen gemeinsamen Rundgang durch die Innenstadt des W. Stadtteils E.. Die Angeschuldigten L., S., S., Z., L., I. und A. trugen dabei orangefarbene Warnwesten mit der rückseitigen Aufschrift "SHARIAH POLICE". Der Angeschuldigte S. trug eine gelbe Warnweste ohne diese Aufschrift, der Angeschuldigte S. trug keine Weste. Initiator des Rundgangs und Wortführer der Gruppe war der Angeschuldigte L, der diese Veranstaltung zuvor nicht polizeilich angemeldet hatte.

Die Angeschuldigten ließen von ihrem Stadtrundgang eine Videoaufnahme fertigen, welche sie später auf der Internetplatform "YouTube" veröffentlichten. In dem Videofilm sind die teilnehmenden Personen und die aufgesuchten Örtlichkeiten zu erkennen. Im Intro des Videos und in den folgenden Filmsequenzen (dort in einer Ecke des Bildausschnitts) ist durchgängig ein schwarz-gelber Flyer, der mit

YOU ARE ENTERING A

SHARIA CONTROLLED ZONE

ISLAMIC RULES ENFORCED

überschrieben ist, eingeblendet. Auf dem Flyer werden Alkohol, Glücksspiel, Musik und Konzerte, Pornografie und Prostitution sowie Drogen und Zigaretten auf an Verkehrsschildern angelehnten Verbotssymbolen dargestellt.

Wie aus dem Videofilm des Weiteren zu ersehen ist, wurde der Stadtrundgang wiederholt für Redebeiträge des Angeschuldigten L. unterbrochen. Darin erklärte dieser an das anwesende Publikum gewandt, der Rundgang solle dazu dienen, muslimische Mitbürger zum Nachdenken und Einhalten der Regeln der Scharia zu bewegen. Der Angeschuldigte L. sagte, sie hegten den Wunsch, dass "die Gesetzgebung Allahs durchgeführt wird." Sie wollten die Menschen "ermahnen", damit diese nicht nachlässig gegenüber den Geboten der Scharia würden. Er betonte in dem Video zudem, dass die Veranstaltung von Dritten so wahrgenommen werden solle "wie das Ordnungsamt oder die Polizei, die auf Streife ist", die damit ebenso zum Einhalten von Regeln ermahne. Deshalb habe die Gruppe sich auch den Slogan "SHARIAH POLICE" gegeben.

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat mit Anklageschrift vom 6. August 2015 die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Amtsgericht - Strafrichter - in Wuppertal wegen Verstoßes aller Angeschuldigten gegen das in § 3 Abs. 1 VersammlG normierte Uniformverbot beantragt. Dem Angeschuldigten L. hat die Staatsanwaltschaft zudem einen Verstoß gegen das Anmeldungsgebot des § 14 VersammlG vorgeworfen.

Das Amtsgericht hat sich durch Beschluss vom 3. September 2015 wegen der besonderen Bedeutung des Falles gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG für sachlich unzuständig erklärt und die Akten gemäß § 209 Abs. 2 StPO dem Landgericht - große Strafkammer - zur Entscheidung über die Eröffnung vorgelegt.

Die Strafkammer hat daraufhin mit Beschluss vom 2. Dezember 2015 das Hauptverfahren gegen den Angeschuldigten L. wegen Verstoßes gegen §§ 14, 26 Nr. 2 VersammlG vor dem Amtsgericht Wuppertal - Strafrichter - eröffnet. Hinsichtlich des Verstoßes gegen das Uniformverbot hat es die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts abgelehnt. Gegen letztere Entscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft Wuppertal mit ihrer sofortigen Beschwerde, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.

II.

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Sie ist das gemäß § 210 Abs. 2 StPO statthafte Rechtsmittel gegen die - auch teilweise - Ablehnung derEröffnung des Hauptverfahrens. Die Staatsanwaltschaft hat die sofortige Beschwerde fristgerecht gemäß § 311 Abs. 2 StPO und damit zulässig eingelegt.

Das Rechtsmittel ist auch in der Sache begründet.

Das Hauptverfahren war gemäß § 203 StPO zu eröffnen, weil gegen die Angeschuldigten L., S., S., Z., L., I. und A. auf der Grundlage des Ergebnisses der Ermittlungen, wonach sie auf dem Stadtrundgang Warnwesten mit der Aufschrift "SHARIAH POLICE" getragen haben, hinreichender Tatverdacht wegen eines Verstoßes gegen das Uniformverbot nach den § 3 Abs. 1, § 28 VersammlG besteht. Die Angeschuldigten S. und S., die die vorgenannten Angeschuldigten begleiteten, dabei aber keine Weste bzw. eine solche ohne Aufschrift trugen, sind hinreichend verdächtig, den anderen zu ihrer Tat Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) geleistet zu haben.

Hinreichende...

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