Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 12.10.2011; Aktenzeichen 3 O 125/11) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 12.10.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Mahnbescheid über EUR 22.602,07 nebst Zinsen und Kosten erwirkt; dieser wurde dem Beklagten am 16.9.2010 persönlich unter der Zustellanschrift M. Straße 44, W. durch den Zusteller der Deutschen Post AG M. B. übergeben. Der am 3.11.2010 erlassene Vollstreckungsbescheid wurde ausweislich der Zustellungsurkunde am 5.11.2010 unter derselben Anschrift und von demselben Zusteller "in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung" eingelegt.
Gegen den Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte am 4.4.2011 Einspruch eingelegt. Dieser wurde mit Urteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 12.10.2012 als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die form- und fristgerechte Berufung des Beklagten, mit der er unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Aufhebung des Vollstreckungsbescheids und die Abweisung der Klage begehrt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass er an der Zustellanschrift noch keine Wohnung begründet habe; er sei dort erst am Wochenende 19.-21.11.2010 eingezogen. Zuvor sei die Wohnung aufgrund einer Kernsanierung eine Baustelle gewesen. Er sei lediglich zur Kontrolle des Baufortschritts dort anwesend gewesen, gewohnt habe er noch in der L. Straße., W. Er habe einen etwaigen Irrtum bzw. Anschein einer Wohnung nicht in doloser oder vorwerfbarer Weise verursacht; die Ummeldung im Einwohnermelderegister zum 1.10.2010 sowie der Postnachsendeantrag zum 28.9.2010 habe seine Ehefrau veranlasst. Der Metallbriefkasten vor dem Haus und der Briefschlitz in der Haustür zur neuen Wohnung seien nicht mit einem Namenschild versehen gewesen.
II. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 12.10.2011 ist form- und fristgerecht eingelegt, erweist sich jedoch als unbegründet.
Der im Mahnverfahren maschinell erzeugte Aktenauszug begründet gem. § 696 Abs. 2, 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, hier also das Vorliegen der Voraussetzungen der Ersatzzustellung nach § 180 ZPO, namentlich die Einlegung in einen zur Wohnung des Adressaten gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Ob der Beklagte den Beweis der Unrichtigkeit der Tatsachen gem. § 418 Abs. 2 ZPO führen kann, mag letztlich dahinstehen. Selbst wenn man unterstellt, dass er - wie er vorträgt - erst am Wochenende 19.-21.11.2010 dort eingezogen sein sollte, und ferner davon ausgeht, dass deshalb eine Zustellung an diese neue Wohnadresse vor diesem Zeitpunkt nicht wirksam erfolgen konnte, würde die Berufung des Beklagten auf die Unwirksamkeit der Zustellung unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles gegen Treu und Glauben verstoßen, § 242 BGB.
Der Beklagte selbst hat wissentlich und willentlich und damit bewusst den Anschein gesetzt, dass er zum fraglichen Zeitpunkt der Zustellung am 5.11.2010 seinen Lebensmittelpunkt bereits von der alten zur neuen Wohnadresse verlagert und dort seine zustellungsfähige Adresse begründet hat. Zum einen hat der Beklagt sich nach eigener Einlassung seit dem 16.9.2010 nahezu täglich an der neuen Wohnadresse aufgehalten und dort ausweislich des maschinell erzeugten Aktenauszugs von demselben Postzusteller, Herrn B., bereits am 16.9.2010 die Zustellung des Mahnbescheides persönlich entgegengenommen. Überdies war für die Familie bei der Deutschen Post AG ein ab dem 28.9.2010 wirksamer Nachsendeauftrag erteilt worden, aufgrund dessen dem Beklagten auch eine Vielzahl von Postsendungen, die an seine alte Wohnanschrift adressiert waren, bereits zugestellt worden sein dürften. Zum anderen ist der Beklagte ausweislich der Auskunft der Bürgermeisterin der Stadt W. vom 15.6.2011 (Bl. 102 GA) seit dem 1.10.2010 unter der neuen Anschrift als wohnhaft gemeldet. Nachsendeauftrag und Ummeldung muss der Beklagte sich als bewusste Handlung zurechnen lassen, weil seine Ehefrau insoweit in Absprache und mit Wirkung für ihn gehandelt hat. Dass seine Ehefrau ohne sein Wissen oder gar gegen seinen Willen gehandelt hat, hat er nämlich nicht geltend gemacht.
Durch den vom Beklagten wissentlich und willentlich gesetzten Anschein entstand bei den an der Zustellung Beteiligten der Irrtum, der Beklagte habe seinen Lebensmittelpunkt bereits unter der neuen Anschrift begründet. Dies muss dem Beklagten auch bewusst gewesen sein, waren ihm doch...