Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwendung der Bezeichnung "Zahnarzt im Stadttor" auf Briefbögen
Leitsatz (amtlich)
Mit der Verwendung der Bezeichnung "Zahnarzt im Stadttor" auf seinen Briefbögen handelt ein Zahnarzt nicht von vornherein berufs- und wettbewerbswidrig.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 26.02.2003; Aktenzeichen 12 O 293/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 26.2.2003 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Beklagte bezeichnet sich auf Briefbögen als "Zahnarzt im Stadttor". Als "Stadttor" wird in Düsseldorf ein modernes Gebäude bezeichnet, in dem auch die nordrhein-westfälische Staatskanzlei untergebracht ist. Dies hält die Klägerin, die für den Beklagten zuständige Zahnärztekammer, wegen Verstoßes gegen § 19 der Berufsordnung (BO) für berufs- und wettbewerbswidrig. Das LG hat die Bezeichnung als unzulässige reklamehafte Anpreisung angesehen und den Beklagten antragsgemäß verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung bestimmten Briefbögen den Zusatz "Zahnarzt im Stadttor" zu führen.
Dagegen wendet sich die Berufung des Beklagten. Er hält die Klägerin nicht für befugt, nach den Vorschriften des UWG gegen Kammerangehörige vorzugehen, vielmehr habe sie sich auf die Mittel des Heilberufsgesetzes zu beschränken. Zudem sei der Zusatz nicht berufs- und wettbewerbswidrig. Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.
I. Auf die Frage, ob die Klägerin klagebefugt ist, kommt es in diesem Rechtsstreit nicht an (s. aber OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.2003 - 20 U 63/03).
II. Entgegen der vom LG geteilten Auffassung der Klägerin hat sich der Beklagte nicht berufswidrig verhalten.
1. Allerdings dürfen bei wörtlichem Verständnis des § 19 BO auf Briefbögen lediglich die in § 18 Abs. 1 BO genannten Angaben aufgedruckt werden. Dazu zählt der Zusatz "Zahnarzt im Stadttor" nicht. Auch dann, wenn man den als abschließend angesehenen Verweis auf § 18 Abs. 1 BO erweiternd dahin gehend auffasst, dass er zumindest die in einem Schreiben weiteren üblichen Angaben (z.B. Praxisadresse) zulässt (die bei wörtlicher Auslegung auf Briefbögen nicht zulässig wären), wäre der hier streitige Zusatz von § 19 BO nicht gedeckt, weil der Beklagte als Adresse die weitere Angabe "Am Stadttor 1, Düsseldorf" - von der Klägerin unbeanstandet - benutzt.
2. Der Verstoß gegen §§ 18, 19 BO führt aber nicht zur Berufswidrigkeit der Verwendung des Begriffs auf Briefbögen.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG v. 4.7.2000 - 1 BvR 547/99, MDR 2000, 1262 = NJW 2000, 2734 - Werbung für eine Zahnklinik; NJW 2000, 1635 - Sponsoring; NJW 2001, 1331 - Implantalogie; v. 8.1.2002 - 1 BvR 1147/01, NJW 2002, 1331 - Spezialisten; v. 18.2.2002 - 1 BvR 1644/01, NJW 2002, 3091 - Tierarztwerbung; v. 17.7.2003 - 1 BvR 2115/02, GesR 2003, 345 = NJW 2003, 2818 - Klinikwerbung; zuletzt Beschl. v. 26.8.2003 - 1 BvR 1003/02; Beschl. v. 26.9.2003 - 1 BvR 1608/02, GesR 2003, 384) und des BGH (zuletzt GRUR 2003, 798) können lediglich die berufswidrige Werbung, nicht jedoch interessengerechte und sachangemessene Informationen verboten werden, die keinen Irrtum erregen. Werbeverbote und -beschränkungen sollen eine Verfälschung des (zahn-)ärztlichen Berufsbildes verhindern, die einträte, wenn der Arzt Werbemethoden verwendete, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind (vgl. BVerfG v. 4.7.2000 - 1 BvR 547/99, MDR 2000, 1262 = NJW 2000, 2734 - Werbung für eine Zahnklinik; v. 23.7.2001 - 1 BvR 873/00, 1 BvR 874/00, NJW 2001, 2788 - Implantologie; v. 8.1.2002 - 1 BvR 1147/01, NJW 2002, 1331 - Spezialisten, v. 18.2.2002 - 1 BvR 1644/01, NJW 2002, 3091 - Tierarztwerbung), wobei allerdings aus dem benutzten Medium nicht von vornherein auf "gewerbliche Werbemethoden" geschlossen werden darf (vgl. BVerfG v. 18.2.2002 - 1 BvR 1644/01, NJW 2002, 3091 - Tierarztwerbung; BVerfG, Beschl. v. 26.9.2003 - 1 BvR 1608/02, GesR 2003, 384; BGH v. 15.5.2003 - I ZR 217/00, BGHReport 2003, 1224 = GesR 2003, 358 = GRUR 2003, 798, unter II.3a).Der Patient soll darauf vertrauen können, dass sich der Arzt nicht von wirtschaftlichen Interessen, sondern von medizinischen Notwendigkeiten leiten lässt.
b) Danach ist nicht zu erkennen, gegen welche Gemeinwohlbelange die Verwendung des Begriffs "Zahnarzt im Stadttor" auf Briefbögen verstoßen könnte. Dies gilt jedenfalls für die vom Beklagten tatsächlich benutzte Form; für eine Benutzung in einer and...