Leitsatz (amtlich)

1. Überweist der Rechtsschutzversicherer weisungswidrig auf ein Konto des Rechtsanwalts bei einer anderen als der ihm benannten Bank, so ist nicht die empfangende Bank, sondern der Rechtsanwalt zum Ausgleich verpflichtet.

2. Das Abtretungsverbot in einem Rechtsschutzversicherungsvertrag unter Kaufleuten ist unwirksam.

3. Ein Gebührengutachten ist im Deckungsprozess zwischen Rechtsschutzversicherer und Mandanten (Versicherungsnehmer), in dem die Höhe der Rahmengebühren des Rechtsanwalt nur Vorfrage ist, nicht einzuholen.

 

Normenkette

BGB §§ 812, 818; BRAGO a.F. § 12 (RVG § 14); HGB § 354a; ARB 2000 § 17 Abs. 7

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 24.05.2007; Aktenzeichen 1 O 392/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.5.2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichterin - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung des weitergehenden Zinsanspruchs verurteilt, an die Klägerin 12.384,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.3.2006 zu zahlen.

Die Kosten beider Rechtszüge einschließlich der der Streithelferin im zweiten Rechtszug erwachsenen außergerichtlichen Auslagen werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin war gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin, der W.-Gesellschaft mbH (künftig: W-GmbH, Versicherungsnehmerin oder Mandantin), auf der Grundlage des seit dem 1.6.2001 unter Einbeziehung der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2000) bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrags verpflichtet, außergerichtliche Auslagen zu decken, die der W-GmbH aus der Beauftragung der beklagten Rechtsanwaltsgesellschaft (Rechtsbesorgung in der Grundstücksangelegenheit A. S., künftig: "Grundstücksangelegenheit") entstanden waren.

Zum Ausgleich der am 21.10.2005 erteilten Honorarnote (14.622,96 EUR) überwies die Klägerin, worüber die Parteien im zweiten Rechtszug (nach dem Beitritt der Streithelferin) nicht mehr streiten, am 18.11.2005 einen um die vertraglich vereinbarte Selbstbeteiligung (153 EUR) und eine einseitig vorgenommene Kürzung des Deckungsanspruchs (2.085,68 EUR) verminderten Betrag (12.384,28 EUR) weisungswidrig statt auf das in der Honorarnote angegebene Konto bei der D-Bank auf das von der Beklagten früher bei der Streithelferin der Klägerin (künftig: Streithelferin) unterhaltene Girokonto (künftig: Erstüberweisung). Die Streithelferin verbuchte den Betrag auf diesem von ihr bereits am 9.6.2004 gekündigten, intern für Abwicklungszwecke aber weitergeführten Konto und verrechnete ihn in voller Höhe mit dem übersteigenden, am 31.5.2005 titulierten Schuldsaldo (LG Düsseldorf - 16 O 348/04).

Nachdem die Beklagte auf die weisungswidrige Ausführung der Erstüberweisung und darauf hingewiesen hatte, die Streithelferin werde den Betrag "zurückgeben", überwies die Klägerin am 18.12.2005 zum Ausgleich derselben Honorarnote einen Betrag in gleicher Höhe (12.384,28 EUR) nunmehr weisungsgemäß auf das von der Beklagten bei der D-Bank unterhaltene Konto (künftig: Zweitüberweisung).

Nachdem die Streithelferin eine "Rückgabe" der Erstüberweisung - auch nach Intervention der Beklagten - abgelehnt und die Beklagte auf die Rückzahlungserinnerung vom 27.3.2006 nicht reagiert hatte, hat die Klägerin sie aus eigenem und abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin gerichtlich in Anspruch genommen. Sie ist der Auffassung, die Beklagte sei auf ihre, der Klägerin, Kosten in Höhe der Erstüberweisung bereichert. Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.384,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Sie hat eine Bereicherung in Abrede gestellt und hilfsweise die Aufrechnung erklärt mit behaupteten Deckungsansprüchen aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin aus der eingangs genannten Rechtsschutzversicherung, und zwar wegen des von der Klägerin in der "Grundstücksangelegenheit" gekürzten Honorars (2.085,68 EUR). Die zunächst ferner erklärte Hilfsaufrechnung mit dem ihr von der Versicherungsnehmerin abgetretenen weiteren (angeblichen) Deckungsanspruch wegen des ihr mit Kostennote vom 12.10.2006 berechneten Honorars in der Angelegenheit "H-Bank" (15.081,54 EUR, GA 57) hat die Beklagte im Senatstermin vom 12.2.2008 fallen lassen.

Die Klägerin hat der in der "Grundstückangelegenheit" aufrecht erhaltenen Hilfsaufrechnung, die sie bereits wegen des vereinbarten Abtretungsverbots (§ 17 Abs. 7 ARB 2000) für nicht wirksam hält, sachlich entgegengehalten: Die Versicherungsleistung umfasse nicht das geltend gemachte Honorar i.H.v. 2.085,68 EUR (jeweils 2,5/10 der Geschäfts- und Besprechungsgebühr aus einem Streitwert von 665.000 EUR zzgl. MWSt); die Beklagte habe weder vorgerichtlich als Vertreterin der W-GmbH noch in ihrer jetzigen Position als Zessionarin Tatsachen dargelegt,...

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