Entscheidungsstichwort (Thema)
Frist für die Wiederaufnahme des Patentverletzungsverfahrens nach Vernichtung des Klagepatents
Leitsatz (redaktionell)
Wird eine Restitutionsklage - zulässigerweise - darauf gestützt, dass das Klagepatent nachträglich für nichtig erklärt worden ist, so läuft die 1-monatige Notfrist des § 586 ZPO im Falle einer letztinstanzlichen Vernichtungsentscheidung ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des betreffenden Erkenntnisses. Soweit die Entscheidung verkündet wird, bestimmt sich die Rechtskraft dabei nach dem Verkündungsdatum und nicht nach dem Tag der späteren Zustellung der schriftlich abgesetzten Gründe.
Von einer letztinstanzlichen Sachentscheidung ist auch dann auszugehen, wenn die Technische Beschwerdekammer die Sache zwar an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen hat, dies allerdings mit der Anordnung geschieht, das Patent im geänderten Umfang mit genau bestimmten Ansprüchen, einer ganz bestimmten Beschreibung und bestimmten Bezeichnungen aufrecht zu erhalten.
Nachgehend
Tenor
I. Die Restitutionsklagen werden abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen.
III. Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 879 XXX, zu dessen Benennungsstaaten u.a. die Bundesrepublik Deutschland gehört und das einen Flüssigkeitsbehälter für Tintenstrahldrucker betrifft. Patentanspruch 1 des in englischer Verfahrenssprache abgefassten Klagepatents lautet in seiner erteilten Fassung (in deutscher Übersetzung) wie folgt:
"Flüssigkeitsbehälter für ein Tintenstrahlaufzeichnungsgerät, der dazu in der Lage ist, von einem Tintenstrahlkopf zu verwendendende Flüssigkeit zu enthalten, wobei der Flüssigkeitsbehälter an einem Halter abnehmbar montagefähig ist, der den Tintenstrahlkopf hat, wobei der Flüssigkeitsbehälter folgendes aufweist:
einen Hauptkörper zum Aufbewahren einer Flüssigkeit;
eine Zuführungsöffnung zum Zuführen der Flüssigkeit zu dem Tintenstrahlkopf, wobei die Zuführungsöffnung in einem Abschnitt angeordnet ist, der den Boden des Behälters im Betrieb bildet;
einen ersten Eingriffsabschnitt, der an einer ersten Seite des Hauptkörpers vorgesehen ist und daran angepasst ist, dass er mit seinem ersten Arretierabschnitt des Halters in Eingriff gelangt, um den Flüssigkeitsbehälter während der Montage drehbar zu halten;
und ein Stützelement, das durch den Flüssigkeitsbehälter elastisch gestützt ist und sich von einer zweiten Seite, die zu der ersten Seite entgegengesetzt ist, erstreckt und einen zweiten Eingriffsabschnitt an einer Außenseite von ihm hat, die von der zweiten Seite des Hauptkörpers weggewandt ist, und zu einer Bewegung von der zweiten Seite weg und zu der zweiten Seite hin in der Lage ist, wobei der zweite Eingriffsabschnitt daran angepasst ist, dass er mit einem zweiten Arretierabschnitt des Halters in Eingriff gelangt, wobei die Zuführungsöffnung zwischen dem ersten Eingriffsabschnitt und dem zweiten Eingriffsabschnitt angeordnet ist."
Mit Urteil vom 20.01.2003 hat das Landgericht Düsseldorf (4b O 16/03) die zum A-Konzern gehörenden Klägerinnen im Hinblick auf die aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlichen 16 Tintenpatronen wegen wortsinngemäßer Verletzung des Klagepatents zur Unterlassung, zur Rechnungslegung, zur Vernichtung, zur Entschädigung und zum Schadenersatz verurteilt.
Durch - rechtskräftiges - Urteil vom 17.11.2005 (I-2 U 2/04) hat der Senat die Berufung der Klägerinnen gegen das landgerichtliche Erkenntnis mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Urteilsausspruch statt "Stützelement" "Schnapp- und Halteelement" heißt. Grund hierfür war, dass Patentanspruch 1 in einem von der Klägerin zu 1) betriebenen Einspruchsverfahren durch Entscheidung des Europäischen Patentamtes vom 22.04.2005 entsprechend geändert worden war.
Gegen die Einspruchsentscheidung haben sowohl die Klägerin zu 1) als auch die Beklagte Beschwerde eingelegt. An der mündlichen Verhandlung vor der Technischen Beschwerdekammer, die am 29.02.2008 stattgefunden hat, haben neben den jetzigen anwaltlichen Vertretern der Klägerinnen (Rechtsanwalt Dr. B, Patentanwalt Dr. C), welche die Klägerinnen im Übrigen auch in den vorausgegangenen Patentverletzungsverfahren vertreten haben, Herr Dr. Christian D teilgenommen, der nach der eigenen Einlassung der Klägerinnen (Schriftsatz vom 23.10.2008) der zuständige Mitarbeiter der A Hardcopy (International) AG in der Schweiz ist. Am Ende der Beschwerdeverhandlung hat die Technische Beschwerdekammer folgende Entscheidung verkündet:
Die Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.
Die Sache wird an die Einspruchsabteilung mit der Anweisung zurückverwiesen, das Patent mit fo...