Leitsatz (amtlich)
1. Der früheren Rechtsprechung zur sogen. bargeschäftsähnlichen Lage kommt nach der am 05.04.2017 in Kraft getretenen Neuregelung des § 142 InsO keine Bedeutung mehr zu.
2. Eine geringfügige Zahlungsverzögerung von weniger als einer Woche kann den Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht derart lockern, dass die schließlich erfolgte Zahlung nicht mehr als "unmittelbar" in Bezug auf die erbrachte Leistung angesehen werden kann.
3. Die Kenntnis des Schuldners von der Unrentabilität seiner Geschäftstätigkeit gestattet nicht den Schluss auf die Unlauterkeit, so dass es an dieser fehlt, wenn es dem Schuldner nur darum geht, seine Verbindlichkeit aus einem Bargeschäft zu tilgen.
Normenkette
InsO n.F. §§ 133, 142
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 8 O 184/18) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 28.06.2019 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf (8 O 184/18) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem durch Beschluss des Amtsgerichts Ravensburg vom 01.08.2017 auf einen Eigenantrag vom 23.06.2017 hin eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. GmbH (Schuldnerin). Er nimmt die Beklagte in der Berufungsinstanz noch auf Rückzahlung im Zeitraum vom 29.03. bis 14.06.2017 erhaltener Zahlungen i.H.v. 63.310,07 EUR nebst Zinsen infolge einer Insolvenzanfechtung in Anspruch.
Die Schuldnerin betrieb ein Busreiseunternehmen und stand seit 1979 mit der Beklagten in ständiger Geschäftsbeziehung. Letztere stellte ihr Servicekarten (D. Card) und On-Board-Units (OBU) zur Verfügung, mit denen sie europaweit an bestimmten Tankstellen u.a. Kraftstoff erwerben sowie Mautgebühren bezahlen konnte. Dem D. Card-Vertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (AGB, Anl. B 1) zugrunde. Die durch die Inanspruchnahme der Servicekarten grundsätzlich unmittelbar verpflichtete Beklagte (Ziff. 8c AGB) stellte ihre Leistungen der Schuldnerin jeweils zur Mitte und zum Ende eines Monats tagesbezogen mit einem Zahlungsziel von 14 Tagen in Rechnung. Die sich aus den regelmäßigen Abrechnungen ergebenden Beträge zog sie sodann im Wege des Abbuchungsauftragsverfahrens vom Konto der Schuldnerin aufgrund eines SEPA Lastschrifteinzugsmandats (vgl. Ziff. 10a, e AGB) ein.
Am 03.03.2017 kam es mangels Deckung zur Rückbuchung des am 15.02.2017 in Rechnung gestellten Betrags i.H.v. 4.648,15 EUR (Anl. K 2, B 6). Mit maschiniert erstelltem Schreiben der Beklagten vom 06.03.2017 wurde die Schuldnerin auf die überfällige Zahlung hingewiesen, ihr die Nutzung der überlassenen Servicekarten und OBUs untersagt, ein neues Zahlungsziel von fünf Tagen vorgegeben und die fristlose Kündigung der Geschäftsbeziehung nach fruchtlosem Ablauf der Frist angedroht (Anl. K 3). Daraufhin überwies die Schuldnerin am 07.03.2017 den Rechnungsbetrag zzgl. Zinsen.
Unter dem 28.02., 15.03. und 31.03.2017 stellte die Beklagte der Schuldnerin weitere Rechnungen (Anl. K 4 - K 6), die von ihr jeweils bei Fälligkeit am 14.03.2017 i.H.v. 4.938,96 EUR, am 29.03.2017 i.H.v. 8.663,65 EUR und am 18.04.2017 i.H.v. 9.995,54 EUR per Lastschrift eingezogen wurden.
Am 04.05.2017 kam es erneut zu einer Rücklastschrift des unter dem 15.04.2017 in Rechnung gestellten Betrags i.H.v. 10.423,59 EUR (Anl. K 7, K 8, B 7). Dies nahm die Beklagte am Folgetag zum Anlass, die Geschäftsbeziehung mit sofortiger Wirkung zu kündigen, der Schuldnerin jegliche Nutzung der nun gesperrten und von ihr zurückzugebenden Servicekarten und OBUs zu untersagen und sie zum Ausgleich aller offenen Rechnungen binnen fünf Tagen aufzufordern (Anl. K 9). Den Rechnungsbetrag glich die Schuldnerin am Morgen des 08.05.2017 aus (Anl. K 10), am selben Tag ging ihr das o.e. - ebenfalls maschiniert erstellte - Schreiben der Beklagten vom 05.05.2017 zu.
Am 15.05.2017 zog die Beklagte den unter dem 30.04.2017 in Rechnung gestellten Betrag i.H.v. 14.830,05 EUR ein (Anl. K 11). Nachdem die Schuldnerin am 17.05.2017 diesen Rechnungsbetrag zzgl. einer Vorauszahlung auch durch eine Überweisung i.H.v. 17.000 EUR beglichen hatte (Anl. K 12), rief sie die Lastschrift vom 15.05.2017 zurück (Anl. B 8). Unstreitig hat die Beklagte das in Höhe der Vorkasseleistung nach Einstellung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin noch bestehende Guthaben i.H.v. 2.169,95 EUR am 06.11.2017 an den Kläger zurückgezahlt (Anl. B 6, B 7').
Weitere Rechnungen der Beklagten vom 15.05. und 31.05.2017 (Anl. K 13, K 14) wurden von ihr bei Fälligkeit am 29.05. i.H.v. 12.810,92 EUR und am 14.06.2017 i.H.v. 4.404,40 EUR per Lastsch...