Leitsatz (amtlich)

Auch ohne ein ersichtliches Motiv ist von einer Selbsttötung und nicht von einem versicherten Unfalltod auszugehen, wenn ein als Segler mit Seilen, und Knoten ertrauter Freiberufler, der an einem Samstagmorgen sein Büro aufgesucht hat, um nach der Post zu sehen, dort stranguliert auf dem Boden des Treppenhauses aufgefunden wird, ein im oberen Stockwerk befestigtes Seil ohne Knoten frei herunterhängt und Dritteinwirkung oder eine – nicht versicherte – autoerotische Handlung ausscheidet.

 

Normenkette

VVG § 180a; UTZ § 2 Nr. 3d

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 181/01)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.10.2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheiten können auch durch Bankbürgschaft erbracht werden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht als Bezugsberechtigte den Erhöhungsbetrag aus einer Unfalltod-Zusatzversicherung ihres am 22.5.1999 verstorbenen Ehemanns (Vers.-Schein GA 15).

Die Parteien streiten darüber, ob der Ehemann der Klägerin infolge eines Unfalls oder durch Suizid ums Leben gekommen ist. Nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen setzt die Leistungsverpflichtung aus der Zusatzversicherung zum einen einen (tödlichen) Unfall und damit eine unfreiwillige Gesundheitsschädigung voraus (§ 2 Nr. 1 UTZ, GA 24), zum anderen fällt gem. § 2 Nr. 3d UTZ eine Selbsttötung nicht unter den Versicherungsschutz. Die Klägerin fand ihren Mann am 22.5.1999, einem Samstag, in seinem Steuerberater-Büro tot vor. Am Hals war eine Strangulationsfurche ausgebildet, vom ersten Obergeschoss hing ein Seil bis in das Erdgeschoss hinunter, in dem der Tote lag. Das Seil hing glatt herab, wies also an seinem unteren Ende eine Schlinge nicht auf (vgl. GA 40 u. GA 41).

Die Beklagte verweigerte Leistungen aus der Zusatzversicherung wegen Selbsttötung (GA 103).

Die Klägerin hat behauptet, ihr Ehemann sei einem Unfall zum Opfer gefallen.

Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 56.583 DM nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 29.6.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Selbsttötung sei bewiesen. Der Tod sei durch eine Strangulation eingetreten (vgl. Obduktionsbericht GA 89), eine Beteiligung Dritter sei auszuschließen. Ebenso sei eine unbeabsichtigte Selbsttötung auszuschließen. Deshalb bleibe, auch wenn kein nachvollziehbarer Anlass für einen Suizid habe aufgedeckt werden können, keine andere Erklärung für das Geschehen als die, dass der Ehemann aus unerklärlichen Gründen freiwillig aus dem Leben geschieden sei.

Mit ihrer Berufung greift die Klägerin die Würdigung des LG an.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 28.981,56 Euro (früher: 56.583 DM) nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insb. auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der Klägerin stehen Leistungen aus der Unfalltod-Zusatzversicherung nicht zu. Die Beklagte hat – wie das LG zu Recht ausführt – bewiesen, dass der Ehemann der Klägerin seinem Leben freiwillig ein Ende gesetzt hat. Die Vermutung des §180a VVG ist widerlegt, zudem greift der Ausschluss des § 2 Nr. 3d UTZ durch.

Nach den Umständen ist auszuschließen, dass der Ehemann einem kaschierten Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Das hält auch die Klägerin nicht für möglich (vgl. GA 13). Ferner ist unstreitig, jedenfalls durch den Obduktionsbericht (Beiakten 9 UJs 349/99 StA Mönchengladbach Bl. 50/61) bewiesen, dass der Ehemann infolge einer Strangulation zu Tode gekommen ist. Damit steht zugleich zur Überzeugung des Senats fest, dass die Strangulation mittels des vorgefundenen Seils erfolgt ist. Da das Seil an seinem freien Ende keine Schlinge aufwies, als der Tote entdeckt wurde, muss sich die Schlinge, die die Luftzufuhr abgeschnürt hatte, von selbst gelöst haben. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass es Möglichkeiten gibt, einen solchen selbstlösenden Knoten zu legen. Der Ehemann der Klägerin war als passionierter Segler mit Seilen und Knoten vertraut. Angesichts des übereinstimmenden Parteivorbringens hat der Senat keinen Anlass und keine Möglichkeit, dieser Frage nachzugehen. Abgesehen davon müsste sich der Knoten auch von selbst gelöst haben, wenn ein Unglücksfall Todesursache war. Dritteinwirkungen scheiden – wie bereits erwähnt – auf der Grundlage des Parteivortrags aus.

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