Leitsatz (amtlich)

Der Eigentümer eines mit einem Wegerecht belasteten Grundstückes ist zur Bestellung einer Wegebaulast auch dann verpflichtet, wenn von drei Gebäuden, die der Wegeberechtigte auf dem begünstigten Grundstück errichten will, eines baurechtlich unzulässig ist, jedoch begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass der Berechtigte die beiden übrigen Gebäude auch ohne das unzulässige dritte errichten wird.

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 30.08.2002; Aktenzeichen 1 O 72/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.8.2002 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer – Einzelrichter – des LG Wuppertal (1 O 72/01) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das LG hat die Beklagten zu Recht zur Bestellung der im Tenor des angefochtenen Urteils näher bezeichneten Wegebaulast verurteilt.

Der Kläger ist im vorliegenden Rechtsstreit aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft zur Prozessführung befugt.

Prozessstandschaft bedeutet die gerichtliche Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., vor § 50 Rz. 20).

Vorliegend macht der Kläger Ansprüche der Eigentümer des durch die erstrebte Baulast begünstigten Grundstückes, der Gebrüder T., mit deren Zustimmung im eigenen Namen geltend. Soweit daher die Beklagten in der Berufungsbegründung darauf abstellen, dem Kläger stehe aufgrund seiner Rechtsstellung als bloßer Vormerkungsberechtigter ein möglicher Anspruch auf Bewilligung der begehrten Baulast nicht zu, ist dieses Vorbringen unerheblich, denn der Kläger macht als Prozessstandschafter keinen eigenen Anspruch geltend, sondern einen solchen der Grundstückseigentümer.

Die prozessualen Voraussetzungen gewillkürter Prozessstandschaft liegen vor.

Die hierfür erforderliche Ermächtigung (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., vor § 50 Rz. 45) des Klägers durch die materiell Berechtigten, die Brüder T. wurde von diesen ausdrücklich im Termin vom 31.5.2002 vor dem LG erklärt (Bl. 85 GA).

Auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten, d.h. hier des Klägers, an der Prozessführung, ist zu bejahen. Der Kläger hat den durch die erstrebte Baulast begünstigen Grundbesitz für 1,27 Mio. DM gekauft, ist durch eine Auflassungsvormerkung gesichert und hat bereits konkrete Pläne entwickeln lassen, die Grundstücke zu bebauen. Hieraus ergibt sich sein berechtigtes Interesse daran, die Bebaubarkeit durch Bewilligung der begehrten Baulast sicherzustellen.

Demgegenüber werden durch die Prozessstandschaft schutzwürdige Belange der Beklagten nicht beeinträchtigt. Diese stehen durch die Prozessführung des Klägers nicht schlechter, als durch eine mögliche Prozessführung der materiell berechtigten Brüder T. Allein der Umstand, dass die Brüder T. auf diese Weise dem Kläger als Zeugen zur Verfügung stehen, reicht nicht aus, um eine Unzulässigkeit der Prozessstandschaft zu begründen, da diesem Umstand auch im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung getragen werden kann (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., vor § 50 Rz. 42, 44).

Auch die Übertragbarkeit des geltend gemachten Rechtes als weitere Voraussetzung der Prozesstandschaft (Zöller/Vollkommer ZPO, 23. Aufl., vor § 50 Rz. 46) ist, entgegen der von den Beklagten in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung zu bejahen. Insoweit kommt es nämlich nicht auf die Übertragbarkeit der Grunddienstbarkeit selbst, sondern auf die Übertragbarkeit des aus ihr fließenden Anspruchs auf Bewilligung einer Baulast an. Dieser aber ist als solcher selbständig übertragbar.

Soweit die Beklagten erstinstanzlich gerügt haben, der Klageantrag entbehre der gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit, hat das LG diesen Einwand zu Recht als unberechtigt angesehen. Insb. bedarf es hierzu nicht einer konkreten Bezeichnung des beabsichtigten Bauvorhabens im Text der begehrten Baulastbewilligung.

Materiell-rechtlich ergibt sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch der begünstigten Grundstückseigentümer auf Bewilligung der im Tenor des angefochtenen Urteils bezeichneten Baulast aus der zu Gunsten der Flurstücke Nr. 113 und 116 im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit.

Eine Verpflichtung zur Bewilligung einer Baulast kann sich aus einer Grunddienstbarkeit ergeben, und zwar als Nebenpflicht aus dem durch die Grunddienstbarkeit begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis, wenn die Bewilligung der Baulast für den Berechtigten notwendig ist, um den Zweck der Grunddienstbarkeit zu verwirklichen (BGH v. 3.2.1989 – V ZR 224/87, BGHZ 106, 348 [350] = MDR 1989, 622; v. 6.10.1989 – V ZR 127/88, MDR 1990, 424 = WM 1990, 320 [321]; v. 3.7.1992 – V ZR 218/91, NJW 1992, 2885; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.4.1999 – 9 U 147/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 437 = NJW-RR 1999, 1539).

Die Voraussetzungen ein...

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