Leitsatz (amtlich)
1. Die Verletzung einer den örtlichen Leistungserbringer treffenden Verkehrssicherungspflicht kann sich zugleich als Verletzung der Obhuts- und Fürsorgepflichten des Reiseveranstalters darstellen, damit einen Reisemangel begründen, der die Minderung des Reisepreises rechtfertigt, und die vertragliche Haftung des Veranstalters begründen, wobei das Verschulden des Leistungserbringers dem Veranstalter zugerechnet wird.
2. Die Anbringung einer in einer der beiden Gehrichtungen schwer erkennbaren Stufe in der Eingangshalle eines Hotels und das Fehlen einer ausreichenden Markierung können auch im außereuropäischen Ausland die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bedeuten.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 1 O 73/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung – das am 27.9.2001 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Düsseldorf teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.054,37 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.9.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 67 % und die Beklagte 33 % zu tragen.
IV. Das Urt ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin buchte für sich und ihren Ehemann am 7.2.2000 in einer Agentur der Firma A. für die Zeit vom 22.3. bis zum 12.4.2000 eine dreiwöchige Flugpauschalreise nach Trinidad/Kuba zum Preis von 3.954 DM bei der Beklagten. Vertragsbestandteil waren neben dem Hin- und Rückflug sowie dem Transfer und der Unterbringung in einem Doppelzimmer „Superior” des Hotels C. als Verpflegungsleistung das sog. „all-inclusive”-Programm.
Mit Schreiben vom 3.3.2000 teilte die Beklagte der Agentur der Firma A. mit, dass die Klägerin und ihr Ehemann in das Hotel P.A. umgebucht worden seien, weil es im Hotel C. zu Managementproblemen gekommen sei.
Die Klägerin und ihr Ehemann traten die Reise am 22.3.2000 an. Sie erreichten das Hotel P.A. am selben Tage nach 22.00 Uhr und begaben sich auf ihr Zimmer. Am nächsten Vormittag fand ein Begrüßungscocktail in einem benachbarten Hotel statt, an dem die Klägerin und ihr Ehemann teilnahmen. Als sie hiernach die Rezeption ihres Hotels aufsuchen wollten, stolperte die Klägerin in der mit einem glänzenden Steinboden versehenen Hotelhalle über eine einzelne, auf dem Weg zur Rezeption befindliche abgehende Stufe. Sie kam zu Fall und zog sich eine Sprunggelenkverletzung zu, welche in der internationalen Klinik in Trinidad behandelt werden musste. Sie trug während des ganzen Urlaubs einen Gipsverband. Der zuständige Reiseleiter der Beklagten fertigte am 23.3.2000 eine Beanstandungsniederschrift an, in der er den Unfall aufnahm.
Die Klägerin begehrt die Rückzahlung des gesamten Reisepreises, Erstattung von Klinik- und Attestkosten i.H.v. 391,30 DM, Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit i.H.v. 4.200 DM sowie die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes.
Die Klägerin hat vorgetragen: Die Stufe in der Hotelhalle sei nicht markiert oder gesichert gewesen. Infolge der bei dem Sturz zugezogenen Verletzung habe sie die „all-inclusive”-Leistung nicht umfassend nutzen können, weil sich die Buffets im Außenbereich des Hotels befunden hätten, welche sie aufgrund ihrer Verletzung nicht habe erreichen können. Ihr Ehemann habe sie ganztägig versorgen müssen, so dass auch er sich während des Urlaubs nicht erholt habe. Ein Reiseabbruch sei aufgrund des Gipsverbandes nicht möglich gewesen. Die Änderung der Unterbringung im Hotel P.A. sei ihr erst 10 Tage vor dem Abreisedatum mitgeteilt worden. Bezüglich dieses Hotels habe sie von der Beklagten kein Informationsmaterial erhalten.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz i.H.v. 8.545,30 DM und ein angemessenes Schmerzensgeld, wenigstens jedoch 3.500 DM, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 14.9.2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die in Rede stehende Stufe in der Hotelhalle sei gut sichtbar gewesen.
Das LG hat der Klage i.H.v. 6.272,65 DM nebst 5 % Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises um 50 % zu. Zwar lasse sich dieser Minderungsanspruch mangels eines Nachteils nicht aus der Hotelumbuchung herleiten. Der Anspruch bestehe jedoch aufgrund der nicht gesicherten Treppe in der Eingangshalle des Hotels P.A., die zum Sturz der Klägerin geführt habe und die infolge des glänzenden Steinbodens sowie des Lichteinfalls nur schwer erkennbar gewesen sei. Infolge des Sturzes der Klägerin und der dabei erlittenen Sprunggelenkverletzung sei der Urlaub für die Klägerin und ihren Ehemann weitgehend wertlos gewesen. Einer 100%igen Minderung stehe jedoch ein mit 50 % zu bewertendes Mitverschulden der Klägerin entgegen. Neben dem Minderungsa...