Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 20.10.2000; Aktenzeichen 10 O 259/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 20.10.2000 aufgehoben.
Die auf Zahlung von Schmerzensgeld gerichtete Klage wird hinsichtlich des über 15.000 DM hinausgehenden Betrages abgewiesen. Im übrigen ist sie dem Grunde nach gerechtfertigt.
Zur Entscheidung über den Betrag des streitigen Schmerzensgeldanspruches sowie über die Kosten der Berufung wird die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen immateriellen und materiellen Schäden aus dem Unfall vom 6.4.1998 in dem Verbrauchermarkt der Beklagten auf der D. Straße 197–199, … M. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg, über dessen genauen Umfang aber noch nicht abschließend entschieden werden kann.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein grundsätzlicher Anspruch auf Ersatz seines immateriellen Schadens gem. §§ 823 Abs. 1, 847 BGB zu.
Die Beklagte hat die ihr als Bestellerin einer Werkleistung in entsprechender Anwendung des § 618 BGB obliegende Sicherungspflicht, Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten, dass der Werkunternehmer und seine Gehilfen vor Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind, soweit die Natur der Werkleistung dies gestattet (MünchKomm.-Soergel, 3. Aufl., § 631 BGB Rdnr. 182), verletzt. Zwar hat ein Werkunternehmer viel weitergehender als ein Arbeitnehmer für seinen eigenen Schutz zu sorgen und eine eigene Prüfungspflicht hinsichtlich der ihm bei der Ausführung seiner Werkleistung drohenden Gefahren. Der Besteller hat jedoch auf bestehende Gefahren mit dem nötigen Nachdruck hinzuweisen (Staudinger-Peters, 13. Aufl., § 631 BGB Rdnr. 61 und Anhang IV zu § 635 BGB Rdnr. 5).
Die Beklagte hat vorliegend eine erhebliche Gefahrenquelle geschaffen, indem sie den Zugang zu der Kälteanlage über die von ihr zur Verfügung gestellte Leiter nicht hinreichend gesichert hat. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beklagte den ihr obliegenden Sicherheitsanforderungen genügt hat, kann letztlich dahinstehen, ob und ggf. welche berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften oder Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung hier möglicherweise verletzt worden sind. Dehn diese legen nur das Mindestmaß dessen fest, was nicht nur gegenüber Betriebsangehörigen, sondern auch gegenüber Dritten einzuhalten ist; die Verkehrssicherungspflicht kann jedoch grundsätzlich darüber hinausgehen (Staudinger-Hager, 13. Aufl., § 823 BGB Rdnr. E 34, E 221). Im vorliegenden Fall folgt eine Haftung der Beklagten bereits aus der allgemeinen Rechtspflicht, Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen und bei Schaffung von Gefahrenquellen die notwendigen Vorkehrungen zum Schütze Dritter zu treffen (vgl. Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Kap. 14 Rdnr. 28). Dem hat die Beklagte im Hinblick auf die Art und Weise, in der sie (u.a.) dem Kläger den Zugang zu ihrer (zu reparierenden) Kälteanlage ermöglichte, nicht genüge getan. Wie sich aus den von der Beklagten zur Akte gereichten Lichtbildern (Bl. 30, 31 d.A.) und dem unstreitigen Parteivortrag ergibt, endete die zu der über einem Getränkelager befindlichen Kälteanlage führende Leiter unterhalb der Feuerschutztüren, von denen die rechte zum Betreten der Kälteanlage geöffnet werden musste. Damit war für einen Benutzer der Leiter, der die rechte Türe zur Kälteanlage öffnen wollte, in einer Höhe von mindestens 2,50 m (so der Vortrag der Beklagten; nach dem Klägervortrag betrug die Höhe 3,30 m) kein fester Halt gewährleistet. Wie auch der Sachverständige E. in seinem Ergänzungsgutachten vom 9.6.2000 (auf S. 4 unten) und bei seiner Anhörung in der Sitzung vom 8.9.2000 (vgl. Sitzungsprotpkoll Bl. 158, 159 d.A.) ausgeführt hat, bestand keine Möglichkeit, sich beim Öffnen der Türen und Verlassen der Leiter, festzuhalten. Dadurch, dass die Leiter unter den Türen endete, war es nicht möglich, sich seitlich neben die Türe zu stellen und bei deren Öffnung an der Leiter festzuhalten. Eine Festhaltegelegenheit befand sich auch nicht an der linken (festgesetzten) Türe in Form eines Haltegriffs oder ähnlichem. Die Beklagte hat somit die (sich hier verwirklichte) Gefahr eines Sturzes von der Leiter dadurch geschaffen, dass ein Benutzer auf der Leiter oben freistehen musste, um an den Griff der rechten Türe zu gelangen. Soweit die Beklagte auch in der Berufungserwiderung vom 2.5.2001 (S. 6, Bl. 245 d.A.) die Ansicht ihres Haftpflichtversicherers, dass ein gefahrloses Öffnen der Türe von einem Standpunkt auf der dritten Sprosse von oben möglich gewesen sei (vgl. die handschriftliche Bemerkung auf der Fotodokumentation S. 31 d.A.) wiederholt, ist dem fol...