Leitsatz (amtlich)

Die Bestellung einer Sicherheit für den einem Dritten gewährten Kredit stellt eine nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbare unentgeltliche Leistung des Schuldners dar, wenn der Kredit bereits an den Kreditnehmer ausgereicht war, als die Bestellung der Sicherheit wirksam wurde, und der Zuwendungsempfänger auch sonst kein Vermögensopfer erbringt, das die empfangene Leistung als entgeltlich qualifiziert.

Der nachträglichen Besicherung eines ungekündigten Kredits durch einen Dritten ist der Fall gleichzustellen, dass der Kreditvertrag gekündigt bzw. einvernehmlich aufgehoben und sodann, weil der Kreditrückzahlungsanspruch nicht zu realisieren ist, über die weitere Kapitalüberlassung eine neue Vereinbarung mit einer Drittsicherheit getroffen wird.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 8 O 330/15)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.09.2016 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (8 O 330/15) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt als Sonderinsolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Uwe S. (Schuldner) die Beklagte im Zusammenhang mit ihr von dem Schuldner im Sommer 2013 gewährten grundpfandrechtlichen Sicherheiten unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung in Anspruch. Die betreffenden Grundschulden sicherten Ansprüche der Beklagten gegen die zwischenzeitlich ebenfalls insolvente S. AG (Kreditnehmerin) aus einer Kreditvereinbarung vom 03.07.2013 ab (Anl. K 9 bis K 12). Dem Abschluss der Kreditvereinbarung über eine Rahmenkreditlinie von 1.675.000 EUR war vorausgegangen, dass die Beklagte und die Kreditnehmerin eine frühere Kreditzusage, für die der Schuldner u.a. eine Höchstbetragsbürgschaft übernommen hatte, einvernehmlich zum 30.06.2013 aufgehoben hatten (Anl. K 6), die Kreditnehmerin zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht in der Lage war, die Kreditmittel von noch rund 1.606.500 EUR zurückzuzahlen. Der Kläger, der die Bestellung bzw. Abtretung der Grundschulden für anfechtbar nach § 134 Abs. 1 InsO hält, weil die Beklagte ohne Ausreichung einer neuen Gegenleistung an die Kreditnehmerin lediglich von der Geltendmachung eines Rückforderungsanspruchs aus einem bereits beendeten Darlehen Abstand genommen und die bereits ausgereichten Mittel neu kreditiert habe, hat zunächst auf Bewilligung der Löschung der Grundschulden geklagt. Nach Verwertung der Grundstücke hat er die Klage auf Auszahlung des an die Beklagte ausgekehrten Erlöses von 228.079,87 EUR nebst Zinsen umgestellt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es habe keine nachträgliche Drittbesicherung vorgelegen, da die ursprüngliche Kreditvereinbarung bereits beendet gewesen sei und sie den Kreditbetrag zurückgefordert habe. Der Kreditnehmerin sei eine neue, von der ursprünglichen Vereinbarung unabhängige Kreditlinie gewährt worden. Außerdem habe sie, die Beklagte, zum 30.06.2013 auf eine Inanspruchnahme des Schuldners aus der - jedenfalls zu diesem Zeitpunkt werthaltigen - Bürgschaft sowie die Verwertung eines Depots der Kreditnehmerin verzichtet. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Abtretung nicht mehr valutierter und die Bestellung neuer Grundschulden zu Gunsten der Beklagten hätten die Gläubiger benachteiligt, da nicht lediglich ein masseneutraler Sicherheitentausch vorliege. Die Zuwendung der Grundschulden sei auch unentgeltlich erfolgt, da weder die Beklagte dem Schuldner gegenüber zur Darlehensgewährung an die Kreditnehmerin verpflichtet gewesen sei, noch der Schuldner der Beklagten gegenüber zur Besicherung des von dieser an die Kreditnehmerin ausgereichten Darlehens, und das Darlehen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Sicherungen bereits an die Kreditnehmerin ausgereicht gewesen sei. Sofern die Kreditvereinbarung vom Juli 2013 eine dreiseitige Vereinbarung darstellen und sich der Schuldner darin persönlich der Beklagten gegenüber zur Zuwendung der Grundschulden verpflichtet haben sollte, führe dies zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung. Denn der Schwerpunkt der im Juli 2013 getroffenen Vereinbarung liege in der tatsächlichen Verlängerung des Kreditengagements der Beklagten aus dem Jahr 2010, weshalb die vom Schuldner gestellten Grundpfandrechte wirtschaftlich gesehen keine Neu-, sondern eine Nachbesicherung darstellten, die nicht entgeltlich sei, weil es an einer der Besicherung nachfolgenden oder zumindest Zug um Zug ...

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