Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung einer Direktlebensversicherung eines Arbeitnehmers durch Konkursverwalter: Bestand des Anspruchs auf Auszahlung des Rückkaufswertes
Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer für seinen Arbeitnehmer als versicherte Person eine Direktversicherung im Sinne von § 1 (2) BetrAVG bei einem Lebensversicherer abgeschlossen und fällt der Arbeitgeber in Konkurs, so wird das im Rahmen der Versorgungszusage eingeräumte eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht des Arbeitnehmers strikt unwiderruflich. Die Erklärung des Konkursverwalters, er trete in den Versicherungsvertrag nicht ein und kündige ihn, führt zwar zur Beendigung des Versicherungsvertrages; das unwiderrufliche Bezugsrecht des Arbeitnehmers setzt sich jedoch an dem Auflösungsguthaben (Rückkaufswert) fort.
2. Regeln die Vereinbarungen, dass der Arbeitnehmer die Versicherung nach Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers nach Vollendung des 59. Lebensjahres oder – zuvor – bei Erwerb einer unverfallbaren Anwartschaft fortführen kann, so liegt für den Fall des Ausscheidens infolge Konkurses vor Vollendung des 59. Lebensjahres und ohne unverfallbare Anwartschaft, jedoch mit einem unwiderruflichem Bezugsrecht für den Rückkaufswert, eine planwidrige Lücke der Direktversicherungsvereinbarung vor. Sie ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahin zu schließen, dass der Arbeitnehmer den Lebensversicherungsvertrag als Versicherungsnehmer auf eigene Kosten unter der Voraussetzung fortführen darf, dass er die zwischenzeitlich aufgelaufenen Prämien nachzahlt.
Normenkette
BetrAVG, ALB § 1; BetrAVG, ALB § 2; KO § 17
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 7 O 332/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 6.4.2000 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Lebensversicherungsverträge Nr. 3 180 616 und Nr. 3 227 393 nebst den jeweiligen Invaliditäts- sowie Unfall-Zusatzversicherungen mit dem Kläger als Versicherungsnehmer fortzuführen. Dabei sind die Verträge von dem per 18.7.1996 bestehenden Status ausgehend wieder in Kraft zu setzen, sobald der Kläger die vom 8.7.1996 bis zum Tage der Rechtskraft des vorliegenden Urteils aufgelaufenen Prämien nachgezahlt hat, so, als ob die Prämien durchgängig geleistet worden wären.
Es wird klargestellt, dass die vom LG auf den Hilfsantrag hin ausgesprochene Verurteilung entfällt und aufgehoben wird.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 DM abzuwenden, sofern nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch Bankbürgschaft erbracht werden.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechte des Klägers bezüglich zweier Lebens- nebst Zusatzversicherungen.
Der Kläger war bis zum 28.2.1981 Arbeitnehmer der Firma Z.-GmbH. Sein Arbeitgeber unterhielt für ihn im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zwei Kapital-Lebensversicherungen nebst jeweils Invaliditäts- sowie zu einem der Verträge auch eine Unfall-Zusatzversicherung (GA 2 u. 3, AVB GA 43 ff.) bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der V. L. AG (im Folgenden wird einheitlich von Beklagter gesprochen). Dem Kläger war ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt. Es handelte sich um Direktversicherungen i.S.d. § 1 (2) des Gesetzes über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG). Die spätestens 2014 zu zahlende Versicherungssumme des einen Vertrags war mit 40.000 DM vereinbart, die 2009 fällig werdende Versicherungssumme des anderen Vertrags war auf 35.010 DM festgelegt. Im allseitigen Einverständnis trat der Kläger nach seinem Ausscheiden bei der Firma Z. in die zuvor von der Firma Z.-GmbH gehaltene Versicherungsnehmer-Stellung ein. Mit Schreiben vom 4.5.1981 (GA 38) teilte die Firma B. & G. GmbH in einem vom Kläger und seinem Mitgeschäftsführer B. (vgl. GA 86) unterzeichneten Schreiben der Beklagten mit, die Firma B. & G. GmbH sei nunmehr der Versicherungsnehmer, es werde um Überweisungsformulare gebeten. Unter dem 29.5.1981 (GA 16) bestätigte die Beklagte den Versicherungsnehmerwechsel. Zugleich bat sie um Rücksendung der beigefügten Formblätter über die Bezugsrechtsregelung nach Ausfüllung. Beigefügt waren zwei Vordrucke, die sich über die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts verhielten (vgl. GA 17, 18), zwei weitere Vordrucke waren für die Bestellung eines eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrechts bestimmt.
In der letztgenannten Alternative blieb dem Versicherungsnehmer u.a. das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen, wenn die versicherte Person – hier der Kläger – vor Eintritt des Versicherungsfalls aus den Diensten des Versicherungsnehmers ausschied, bevor sie eine nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung definierte unverfallbare An...