Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch des Auftraggebers gegen einen steuerlichen Berater auf Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung aus dem Steuerberaterverhältnis verjährt gem. § 68 StBerG in drei Jahren ab Entstehung des Anspruchs. Subjektive Umstände auf Seiten des Auftraggebers, also insb. dessen Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen, sind für den Verjährungsbeginn nicht maßgeblich.
2. Widerspricht die Erhebung der Verjährungseinrede im Einzelfall den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB, so hat das Vorliegen der die Treuwidrigkeit begründenden Umstände keinen Einfluss auf den Beginn der gesetzlichen Verjährungsfrist. Rechtsfolge ist, dass der Schuldner sich auf eine bereits eingetretene Verjährung nicht mit Erfolg berufen kann. Einen Verstoß gegen Treu und Glauben kann der Gläubiger der Verjährungseinrede dann nicht mit Erfolg entgegensetzen, wenn zwischen dem Wegfall der die Treuwidrigkeit begründenden Umstände und dem Ablauf der regulären Verjährungsfrist noch eine längere Zeit (hier nahezu zwei Jahre) liegt.
3. Ein zur Begründung der Sekundärhaftung des Steuerberaters geeigneter Anlass, die Pflichtwidrigkeit des eigenen Verhaltens zu erkennen und den Mandanten auf den drohenden Ablauf der Verjährungsfrist hinzuweisen, kann sich auch aus der Befassung mit derselben steuerrechtlichen Frage in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen ergeben, wenn der Steuerberater die Pflichtwidrigkeit aufgrund eines Dauermandats in den Folgejahren erneut begeht. Ein derartiger Fall liegt bei Fehlern der Buchführung, die sich auf ein Jahr beschränken, nicht vor.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 25.04.2003; Aktenzeichen 3 O 284/02) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.4.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht und mit auch im Einzelnen zutreffender Begründung abgewiesen. Die Entscheidung des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Lediglich ergänzend ist mit Blick auf die Berufungsbegründung das Folgende auszuführen.
Soweit es auf die Anwendung bürgerlichen Rechts ankommt, ist das bis zum 31.12.2001 geltende Recht maßgeblich, Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB.
Ob die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus positiver Vertragsverletzung vorliegen, kann offen bleiben, weil der Anspruch jedenfalls verjährt ist, § 68 StBerG. Das führt zur Unbegründetheit der Klage sowohl hinsichtlich des Zahlungsantrags zu 1. als auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 2.
I. Gemäß § 68 StBerG verjährt der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem Steuerberaterverhältnis in drei Jahren ab Entstehung des Anspruchs. Entstanden ist ein Anspruch, wenn seine Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind. Dazu gehört auch die Entstehung eines Schadens. Letzteres hat das LG unter zutreffender Bezugnahme auf die gefestigte Rechtsprechung des BGH zu Recht mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides angenommen, wenn - wie hier - ein Steuerberater steuerliche Nachteile seines Mandanten verschuldet hat (vgl. zuletzt nur OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.10.2003 - 23 U 222/02 m.w.N. aus der Rspr. des BGH und des OLG Düsseldorf). Entgegen der Auffassung der Klägerin sind für den Verjährungsbeginn subjektive Umstände auf Seiten des Gläubigers, das heißt hier der Klägerin, nicht maßgeblich. Es kommt nicht auf deren Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen an. Anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des BGH, der allein auf den objektiven Umstand des Zugangs des belastenden Steuerbescheids abstellt. Nur zur Herleitung dieses Ergebnisses führt der BGH die "in der Regel" mit dem Zugang dieses Bescheids bestehenden Erkenntnismöglichkeiten des Steuerschuldners an. Das bedeutet aber nicht, dass dessen Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis in jedem Einzelfall zusätzlich zu prüfen wäre. Das widerspräche der gesetzlichen Regelung.
II. Dem Beklagten ist es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB verwehrt, sich mit Erfolg auf den Eintritt der Primärverjährung zu berufen. Dabei kann offen bleiben, ob die genannten Umstände - wegen der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts Herausgabe der Buchungsunterlagen erst am 11.6.1999 nach Zahlung des Honorars durch die Klägerin - überhaupt geeignet sind, die Berufung des Beklagten auf die Einrede der Verjährung als treuwidrig erscheinen zu lassen. Selbst wenn man insoweit der Klägerin folgen wollte, so hätte ihr nach Übergabe der Unter...