Leitsatz (amtlich)
Die in den AGB eines Leasinggebers enthaltene Klausel "Kann bei Vertragsende keine Einigung über den Fahrzeugwert (Netto-Händlereinkaufspreis) erzielt werden, wird dem Leasingnehmer die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Wochen ab Zugang des Sachverständigengutachtens einen Kaufinteressenten zu benennen, der innerhalb dieser Frist das Fahrzeug zu einem über dem Netto-Händlereinkaufspreis zzgl. Mehrwertsteuer liegenden Kaufpreis bar bezahlt und abnimmt" ist wegen unangemessener Benachteiligung des Leasingnehmers nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam.
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 23.07.2003; Aktenzeichen 4 O 18/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels der Klägerin das am 23.7.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Kleve - Einzelrichterin - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt an die Klägerin 3.315,04 Euro nebst Zinsen von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.6.2002 zu zahlen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden der Klägerin zu 42 %, dem Beklagten zu 58 % auferlegt, mit Ausnahme der durch die Anrufung des örtlich unzuständigen LG Frankfurt/M. ausgelösten Kosten, die die Klägerin alleine trägt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Durch Vertrag vom 6.4.1998 leaste der Beklagte zur Ausübung seines Gewerbes (Versicherungskaufmann) bei der Klägerin, ein bundesweit tätiges Leasingunternehmen, ein Kraftfahrzeug mit Restwertabrechnung für die Dauer von drei Jahren. Einbezogen wurden, von der Klägerin gestellt, "Allgemeine Geschäftsbedingungen für das Leasing von Kraftfahrzeugen (Stand 6. 94/R. 1. 95)". Die monatliche Leasingrate wurde unter Berücksichtigung der bei Vertragsbeginn geleisteten Sonderzahlung mit 161,81 DM, der Restwert mit 13.174,14 DM (jeweils zzgl. MWSt) vereinbart. Der Vertrag endete vereinbarungsgemäß am 8.6.2001. Am 18.7.2001 gab der Beklagte das Kraftfahrzeug beim ausliefernden Händler ab. Die Parteien haben über
- die Rückgabemodalitäten,
- den Zustand des Kraftfahrzeugs bei Rückgabe,
- restliche Leasingraten in der Zeit vom 9.6. bis 18.7.2001 und
- die Restwertabrechnung
gestritten.
Die in den AGB Nr. XVI ("Rückgabe des Fahrzeugs") vereinbarte Klausel lautet, soweit hier von Relevanz, wie folgt:
"1. Nach Beendigung des Leasingvertrages ist das Fahrzeug - vom Leasingnehmer - unverzüglich beim ausliefernden Händler - zurückzugeben.
2. Bei Rückgabe muss das Fahrzeug in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden und Mängeln sowie verkehrs- und betriebssicher sein. Normale Verschleißspuren gelten nicht als Schaden.
Über den Zustand wird bei Rückgabe ein gemeinsames Protokoll angefertigt und von beiden Vertragspartnern oder ihren Bevollmächtigten unterzeichnet.
3. Nach Rückgabe des Fahrzeugs nach Ablauf der bei Vertragsschluss vereinbarten Leasingzeit gilt folgende Regelung:
Können sich die Vertragspartner über den Wert des Fahrzeugs (Netto-Händlereinkaufspreis) nicht einigen, wird der Wert des Fahrzeugs auf Veranlassung des Leasinggebers durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen ermittelt. Der Leasinggeber gibt dem Leasingnehmer die Möglichkeit, unter mindestens 2 Sachverständigen oder Sachverständigenunternehmen zu wählen. Die Kosten dieses Gutachtens tragen Leasinggeber und Leasingnehmer je zur Hälfte. Durch das Sachverständigengutachten wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. Kann insb. auch im Falle des Abschnitts XV Ziff. 1 keine Einigung über den Fahrzeugwert (Netto-Händlereinkaufspreis) erzielt werden, wird dem Leasingnehmer die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Wochen ab Zugang des Sachverständigengutachtens einen Kaufinteressenten zu benennen, der innerhalb dieser Frist das Fahrzeug zu einem über dem Netto-Händlereinkaufspreis zzgl. Mehrwertsteuer liegenden Kaufpreis bar bezahlt und abnimmt.
4. Wird das Fahrzeug nicht termingemäß zurückgegeben, werden dem Leasingnehmer für jeden überschrittenen Tag als Grundbetrag 1/30 der für die Vertragszeit vereinbarten monatlichen Leasingrate ggf. zzgl. des durch eine Leasingsonderzahlung nicht mehr gedeckten Vorauszahlungsanteils und die durch die Rückgabeverzögerung verursachten Kosten berechnet.
5. ..."
Am 19.7.2001 weigerte sich der Beklagte, das ihm zugeleitete "Prüfprotokoll" zu unterzeichnen. Darin teilte die Klägerin die geschätzten Kosten mit, deren Aufwand sie für erforderlich hält, um die im Protokoll näher bezeichneten Mängel zu beseitigen. Der daraufhin von der Klägerin beauftragte Sachverständige W. begutachtete das Kraftfahrzeug am 23.7.2001 und bewertete dessen Händlereinkaufspreis unter Berücksichtigung von Reparaturkosten i.H.v. brutto 7.800 DM mit brutto 6.000 DM, den Händlereinkaufspreis mit brutto 4.200 DM (netto 3.620 DM). N...