Leitsatz (amtlich)
›1. Eine vor Ablauf der nach § 5 Nr.4 VOB/B gesetzten Frist gemäß § 8 Nr.3 VOB/B ausgesprochene Kündigung ist auch dann in der Regel wirkungslos, wenn der Auftragnehmer eine gleichzeitig gesetzte kürzere Erklärungsfrist nicht eingehalten hat.
2. Der fruchtlose Ablauf einer Erklärungsfrist rechtfertigt nur dann eine Kündigung nach § 8 Nr.3 VOB/B, wenn die Erfüllbarkeit der Bauleistung durch den Auftragnehmer in Frage steht.
3. Eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Mängelbeseitigung, welche eine Fristsetzung entbehrlich macht, liegt nicht vor, wenn nicht auszuschließen ist, daß der Auftragnehmer auf Grund einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung doch noch erfüllt hätte.
4. Eine Bestimmung in AGB des Auftraggebers, daß dieser eine Vertragsstrafe auch dann geltend machen kann, wenn ein entsprechender Vorbehalt bei der Abnahme nicht erfolgt, ist unwirksam.
5. Wenn eine Bestimmung in AGB des Auftraggebers dahin ausgelegt werden kann, daß die Vertragsstrafe auf Schadenersatzansprüche nicht anzurechnen ist, geht diese Unklarheit zu Lasten des Verwenders.‹
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 3 O 284/97) |
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Kostenvorschuß- und Vertragsstrafenansprüche geltend.
Für den Kostenvorschußanspruch beruft sich der Kläger auf eine von der Beklagten nicht ausgeführte Sonnenschutzanlage, hilfsweise auf die von der Beklagten nicht vorgenommene Errichtung von Innenwänden im Obergeschoß.
Die Parteien schlossen am 28.5.1996/4.6.1996 einen Werkvertrag, der die Errichtung eines Büro- und Verwaltungsgebäudes in W zu einem Pauschalpreis zum Gegenstand hatte. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen und des Leistungsinhalts wird auf den Werkvertrag vom 28.5.1996/4.6.1996 (Bl. 8-20 d. GA), die Leistungsbeschreibung (Bl. 21-51) und das Raumbuch (Bl. 52-58 d. GA) Bezug genommen. In dem Werkvertrag ist unter § 8 Vertragsstrafe unter anderem vereinbart:
"8.3 Der Auftraggeber kann Vertragsansprüche nach Maßgabe dieser Bestimmung auch dann geltend machen, wenn ein entsprechender Vorbehalt bei der Abnahme nicht erfolgt.
8.4 Weitergehende Schadenersatzansprüche, insbesondere Schadenersatzansprüche wegen nicht möglicher Nutzbarkeit, bleiben unberührt."
Durch den Architekten des Klägers wurden Pläne für den Innenausbau erstellt. Dabei weisen diese, datiert auf den 14.2.1996, für das Obergeschoß Trennwände aus (Hülle nach Bl.322 d. GA). Ein entsprechender Plan vom 22.4.1996 (Bl. 327 d. GA), der "als Anlage zum GU.-Angebot" durch den Projektleiter der Beklagten am 4.6.1996, dem Tag der Unterzeichnung des Werkvertrages, unterschrieben wurde, weist demgegenüber keine Trennwände der einzelnen Sektoren aus.
Die Beklagte errichtete das Gebäude, führte jedoch keine Trennwände im Obergeschoß aus. Gleichermaßen erstellte sie keine Sonnenschutzanlage, sondern nur Sonnenschutzblenden als äußere Verkleidung.
Zwischen den Parteien fanden während der Bauausführung Gespräche über den Umfang der von der Beklagten geschuldeten Leistung statt. Im Rahmen einer am 22.11.1996 geführten Besprechung wurde dabei von der Beklagten eine Mehrkostenvergütung für die Errichtung einer Sonneschutzanlage verlangt. Die Parteien erzielten hierüber keine Einigung. Am 22.11.1996 und am 12.12.1996 fanden Begehungen des Objektes statt, bei der Vertreter beider Parteien Protokolle unterschrieben (Bl. 115 - 125 d. GA). Im Protokoll vom 12.12.1996 findet sich am Ende (Bl. 125 d. GA) folgende Ausführung:
"Bezüglich der Innenwände und Sonnenschutz wird auf den vorliegenden Schriftverkehr verwiesen."
Der Kläger ließ in der Folgezeit ein Privatgutachten zur Frage, ob die Leistungsbeschreibung des Architekten zu 2.5 "Sonnenschutzanlage" mit den Sonnenschutzblenden die gesamte Sonnenschutzanlage oder lediglich die Verblendung der Vorrichtung für die Sonnenschutzanlage meint, erstellen. Für den Inhalt des Gutachtens des Prof. Dipl. Ing. M wird auf die zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 126 - 134 d. GA) Bezug genommen. Beide Parteien hatten mittlerweile Anwälte mit der Interessenvertretung beauftragt.
Der Kläger ließ über diese den Bevollmächtigten der Beklagten das Gutachten des Sachverständigen M durch Schreiben vom 19.3.1997 (Bl. 135-138 d. GA) zukommen. Im Schreiben vom 19.3.1997 wird die Beklagte weiter aufgefordert, den Sonnenschutz bis zum 23.5.1997 zu montieren und "die Erledigung bis zum 3.4.1997 schriftlich anzuzeigen". Gleichlautend wurde die Beklagte zum Einbau der Zwischenwände im Obergeschoß aufgefordert. Daneben forderte der Kläger die Entrichtung einer Vertragsstrafe für den Zeitraum 31.10.1996-12.12.1996 in Höhe von 70.000 DM. Mit Datum vom 14.4.1997 wurde das Schreiben durch die Bevollmächtigten der Beklagten beantwortet (Bl. 59 f. d. GA). Dabei wurde ausgeführt, daß die Beklagte "aus reiner Kulanz" zur Setzung der Trennwände im Obergeschoß bereit wäre, wenn damit die Forderungen des Klägers zum Einbau der Sonnenschutzanlage und zur Vertragsstrafe erledigt wären. Zu einem außerhalb des Schriftverkehrs...