Verfahrensgang

StA Frankfurt/Main (Entscheidung vom 18.10.1995; Aktenzeichen 91 Js 16875.2/94)

 

Tenor

Die angefochtene Verfügung wird aufgehoben.

Die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Auslagen sind aus der Staatskasse zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 100.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 08. September 1995 beantragte der Konkursverwalter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ... und ... Rechtsanwalt ... Einsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main - 91 Js 16875.2/94 -.

Zur Begründung führte er aus, daß die Akteneinsicht zum einen benötigt werde, um weitere Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Durchsetzung von vermögensrechtlichen Ansprüchen für die Konkursmasse, die er mit Anfechtungsklagen anhängig gemacht habe, zu gewinnen, zum anderen, um bereits zur Konkurstabelle angemeldete Forderungen abschließend überprüfen zu können.

Mit Verfügung vom 13. Oktober 1995 gab die Staatsanwaltschaft dem Antrag zunächst ohne Einschränkungen statt, änderte jedoch auf die Gegenvorstellung des Mitbeschuldigten ..., gegen den wegen des Verdachts der vorsätzlichen Hilfeleistung zum Beiseiteschaffen konkurspflichtiger Vermögensbestandteile des Unternehmers ... und seiner Ehefrau ermittelt wird, ihre Entschließung mit weiterer Verfügung vom 18. Oktober 1995 dahin ab, daß von der Akteneinsicht bestimmte Aktenteile ausgenommen würden.

Hiergegen wandte sich der Beschuldigte ... mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Frankfurt am Main. Er begehrte die Versagung der Akteneinsicht, hilfsweise deren weitergehende Beschränkung. Zur Begründung machte er unter anderem geltend, er habe ein schutzwürdiges Interesse daran, daß kein Dritter Akteneinsicht erhalte, da er anderenfalls an Leib, Leben und seiner Freiheit gefährdet werde. Außerdem äußerte er die Vermutung, daß der Konkursverwalter möglicherweise dafür verantwortlich sei, daß ein Video über eine Persienreise, des Beschuldigten ... in seiner Begleitung dem Fernsehen zugänglich gemacht und daraufhin dort reproduziert worden sei. Ferner solle der Konkursverwalter in der Öffentlichkeit Erklärungen dahingehend abgegeben haben, daß er das in der Konkursmasse aufgefundene Video an die Medien verkauft habe, um der Masse Geld zuzuführen.

Mit Beschluß vom 27. Oktober 1995 hat das Landgericht den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und das Verfahren an den Senat verwiesen (§17 a Abs. 2 GVG). Die Strafkammer hat dies damit begründet, daß der Konkursverwalter bzw. die Gemeinschuldner nicht Verletzte i.S.d. §406 e StPO seien, weshalb der Rechtsweg von dem Beschuldigten in entsprechender Anwendung der §§406 e Abs. 4 S. 2, 161 a Abs. 3 S. 2-4 StPO nicht beschritten werden könne. Der Konkursverwalter sei hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens gegen ... vielmehr als Dritter anzusehen, dessen Rechte hinsichtlich eventueller Akteneinsicht nur im Verfahren nach den §§23 ff. EGGVG geprüft werden könnten.

Die Akteneinsicht durch den Konkursverwalter ist bisher noch nicht vollzogen worden.

II.

Es kann dahinstehen, ob vorliegend statt der Verweisung nach §17 a Abs. 2 GVG nur eine formlose Abgabe der Sache in Betracht gekommen wäre, da eine Verweisung nach der vorgenannten Vorschrift nur an ein Gericht eines anderen Rechtsweges, nicht aber - wie hier - an ein anderes Gericht innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit zulässig ist (vgl. Hans. OLG Hamburg NStZ 1995, 252; Senatsbeschl. v. 16. Nov. 1995 - 3 VAs 17/95 -). Jedenfalls hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen seine Zuständigkeit nach §406 e StPO verneint, weil der Konkursverwalter bzw. die Gemeinschuldner nicht Verletzte, sondern Dritte im Sinns dieser Vorschrift sind (vgl. OLG Hamm NStZ - RR 1996, 11 ff, OLG Koblenz NStZ 1988, 89).

Demgemäß richtet sich das Begehren des Antragstellers nicht nach der Spezialregelung des §§406 e StPO, vielmehr ist hierfür das Verfahren gemäß §§23 ff EGGVG anwendbar.

Mit der angefochtenen Entschließung der Staatsanwaltschaft, dem Konkursverwalter als einem am Ermittlungsverfahren unbeteiligten Dritten Akteneinsicht zu gewähren, hat diese eine Maßnahme zur Regelung einer einzelnen Angelegenheit im Sinne eines Justizverwaltungsaktes getroffen. Die Rechtmäßigkeit dieser staatsanwaltschaftlichen Maßnahme ist im Verfahren nach den §§23 ff EGGVG überprüfbar (vgl. OLG Hamburg NStZ 1996, 44; OLG Hamm NStZ - RR 1996, 11). Es handelt sich hierbei nicht um eine sogenannte Prozeßhandlung, die die Einleitung oder Durchführung des Strafverfahrens betrifft und deren Überprüfung im Verfahren nach den §§23 ff EGGVG ausgeschlossen ist (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 42. Aufl., §23 EGGVG Rdnr. 10). Die dem Konkursverwalter gewährte Akteneinsicht steht nämlich in keinem Zusammenhang mit der Sachverhaltsaufklärung, sondern dient erkennbar allein dem Zweck, den Konkursverwalter bei der Abwicklung des Konkursverfahrens zu unterstützen. Die Akteneinsicht ist deshalb in keinen Zusammenhang mit der Führung und Ausgestaltung des Ermittlungsverfahr...

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