Leitsatz (amtlich)
- Stellt der Gegner im laufenden Verfahren der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe einen "Antrag" auf Zuleitung der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, wird dies - in Ermangelung anderer Anhaltspunkte - im familiengerichtlichen Verfahren unter Beteiligung der Ehegatten regelmäßig als Anregung an des Gericht aufzufassen sein, nach § 117 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO zu verfahren.
- Bewilligt das Familiengericht - auf eine solche Anregung oder von Amts wegen - nach § 117 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO die Einsichtnahme in die genannten Unterlagen kommt gegen diese Entscheidung ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung als statthafter Rechtsbehelf nicht in Betracht. Soweit die Entscheidung des Familiengerichts überhaupt anfechtbar ist - was vorliegend offen bleibt - kommt dagegen nur die sofortige Beschwerde zu einem Familiensenat des Oberlandesgerichts nach § 127 Abs. 2 S. 2, §§ 567 ff. ZPO als Rechtsmittel in Betracht (entgegen Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 09.06.2016, Az. 10 VA 3/16, zitiert nach juris).
- Erst ein nach Abschluss des Verfahrenskostenhilfeverfahrens gestellter Antrag des Gegners auf Einsichtnahme in diese Unterlagen wird regelmäßig als Akteneinsichtsgesuch nach § 299 Abs. 2 ZPO aufzufassen sein. Denn der Gegner ist nicht an dem Verfahrenskostenhilfeverfahren beteiligt und insoweit Dritter im Sinne der genannten Vorschrift. Ein Vorgehen des Familiengerichts nach § 117 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO kommt in diesem Verfahrensstadium nicht mehr in Betracht. Über ein solches Gesuch entscheidet der Gerichtsvorstand. Gegen dessen Entscheidung ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG statthaft (Anschluss an BGH, Beschluss vom 29.04.2015, Az. XII ZB 214/14, zitiert nach juris).
Normenkette
ZPO § 117 Abs. 2 S. 2, § 127 Abs. 2, § 299 Abs. 2, § § 567 ff.; GVG § 17a Abs. 6; EGGVG § 23
Verfahrensgang
AG Königstein (Aktenzeichen 14 F 937/15 VKH2) |
Tenor
In dem Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG, an dem hier beteiligt sind: pp. werden die Beteiligten auf folgendes hingewiesen:
Zwar wäre nach Auffassung des Senats ein Familiensenat zur Entscheidung über das von dem Beteiligten zu 1) eingelegte Rechtsmittel berufen gewesen. Soweit eine Entscheidung des Familiengerichts, mit welcher dieses dem Gegner im laufenden Verfahrenskostenhilfeverfahren Einsichtnahme in die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers gewährt hat, überhaupt als anfechtbar angesehen wird, kommt als Rechtsmittel dagegen regelmäßig und auch vorliegend nur die sofortige Beschwerde zu einem Familiensenat in Betracht. Die Verweisung ist aber für den erkennenden Senat dennoch bindend. Unabhängig davon, ob und ggf. welcher Rechtsbehelf bzw. welches Rechtsmittel statthaft ist, wird ein solches - über das der Senat wegen der bindenden Verweisung zu erkennen haben wird - aus Sachgründen vorliegend allerdings voraussichtlich keinen Erfolg haben.
Im Einzelnen:
Der 3. Senat für Familiensachen hat das Verfahren mit Beschluss vom 11.01.2017 an den erkennenden Zivilsenat verwiesen. Der erkennende Senat sieht sich nach § 17a Abs. 6, Abs. 1 GVG an die Verweisung gebunden, da er von § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 1 GVG als Rechtsgrundlage der Verweisung ausgeht, obwohl in dem Verweisungsbeschluss als solche § 281 ZPO entsprechend angegeben ist. Da als ein Rechtsbehelf in der Zuständigkeit eines Zivilsenats vorliegend allenfalls der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in Betracht käme, ist innerhalb der Zivilsenate die Zuständigkeit des Senats aus § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 EGGVG gegeben.
Nach Auffassung des erkennenden Senats kommt entgegen der Annahme des verweisenden Familiensenats als statthaftes Rechtsmittel gegen die Bewilligung einer Einsichtnahme des Gegners in die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gemäß § 117 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, § 76 Abs. 1 FamFG durch das Familiengericht in Streitverfahren zwischen Eheleuten regelmäßig nur die sofortige Beschwere nach § 567 ff. ZPO in Betracht, sofern man eine solche Entscheidung überhaupt als anfechtbar ansieht. Begehrt ein Beteiligter eines solchen familiengerichtlichen Hauptsacheverfahrens Einsichtnahme in die genannten Unterlagen wird dies im laufenden Verfahren der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe regelmäßig - und auch vorliegend - als Anregung an das Gericht auszulegen sein, nach § 117 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, S. 3, S. 4 ZPO, § 76 Abs. 1 FamFG zu verfahren.
Nach § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO kann das Gericht die Erklärung und die Belege dem Gegner nur mit Zustimmung des Antragstellers des Verfahrenskostenhilfeverfahrens zugänglich machen, es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Auskunft über dessen Einkünfte und Vermögen. Derartige materiell-rechtliche Auskunftsansprüche der Ehegatten als Beteiligte gegeneinander bestehen regelmäßig aus § 1379 Abs. 1, § 1580 S. 1, S. 2i. V. m § 1605 Abs. 1 BGB, wobei im Rahmen des § 117 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO nach wohl überwi...