Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Gemeinschaftliches Testament
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem gemeinschaftlichen Testament erstreckt sich die Wechselbezüglichkeit nicht zwangsläufig auf das gesamte Testament, sondern ist für jede Verfügung gesondert zu prüfen.
Normenkette
BGB § 2270
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Beschluss vom 19.06.1999; Aktenzeichen 2 T 50/98) |
AG Limburg a.d. Lahn (Aktenzeichen 3 VI 1147/97) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu befinden haben wird.
Wert: 200.000.– DM
Gründe
Der am 04.12.1910 geborene Erblasser und seine erste Ehefrau haben am 20.06.1985 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu alleinigen Erben eingesetzt haben. Dieses gemeinschaftliche Testament, das die erste Ehefrau geschrieben und der Erblasser unterzeichnet hat, sieht für die Zeit nach dem Tod des Längstlebenden vor, daß die Beteiligten zu 2) – 4) –sämtlich Geschwister des Erblassers – je 50.000.– DM bzw. einen Sparbrief über 70.000.– DM erhalten sollen. Ferner heißt es in dem Testament:
„Das Erbe soll wie folgt verteilt werden: Meine Schwester … wohnhaft … soll das Haus … und das ganze Inventar, 1 Knüpf-Teppich 2x3 m erhalten, für treue Dienste 16 Jahre lang für paar Pfennige bei mir gearbeitet hat Sie soll auch den Schmuck an die Geschwister verteilen. Meine Geschwister sollen nach gleichen Teilen nur Geld und je 1 Knüpf-Teppich erhalten.”
Die erste Ehefrau des Erblassers ist am 02.08.1987 verstorben. Die Ehe war kinderlos. Am 21.06.1989 haben der Erblasser und die Beteiligte zu 1) geheiratet. Kinder sind aus dieser Ehe ebenfalls nicht hervorgegangen. Am 10.03.1993 hat der Erblasser ein notarielles Testament unterzeichnet, das u. a. folgenden Wortlaut hat
„Ich widerrufe vorsorglich alle eventuellen früheren letztwilligen Verfügungen. Ich bin auch nicht durch ein gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag gehindert, dieses Testament zu errichten.
Zu meiner alleinigen Erbin setze ich hiermit meine Ehefrau …, geb. am 01.08.1926 aus Dankbarkeit für ihre hervorragende Betreuung in den letzten Jahren ein.”
Der Erblasser ist am 10.09.1997 verstorben. Die Beteiligte zu 1) hat aufgrund dieses Testaments nach dem Tod ihres Ehemannes beim Amtsgericht einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Der notarielle Erbscheinsantrag vom 28.10.1997 enthält auch die Erklärung, daß sie das privatschriftliche Testament gem. §§ 2079, 2080 und 2081 BGB aus allen Rechtsgründen anfechte.
Das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) durch Beschluß vom 04.02.1998 zurückgewiesen. Das Amtsgericht hat ausgeführt, der Erblasser sei durch die wechselbezüglichen Verfügungen des gemeinschaftlichen Testaments vom 20.06.1985 gehindert gewesen, eine weitere wirksame Verfügung von Todes wegen zu treffen. Der Erblasser habe das gemeinschaftliche Testament nicht angefochten. Bei seinem Tod sei das Anfechtungsrecht des Erblassers bereits erloschen gewesen, denn spätestens mit der Nießbrauchsbestellung am 16.03.1993 habe die einjährige Anfechtungsfrist zu laufen begonnen. Der Umstand der Nießbrauchsbestellung zeige, daß der Erblasser am 10.03.1993 sich des gemeinschaftlichen Testaments bewußt gewesen sei, denn die Nießbrauchsbestellung kurz nach der Errichtung des notariellen Testaments mache nur dann einen Sinn, wenn der Erblasser sich bewußt gewesen sei, daß er seine zweite Frau nicht ohne weiteres zur Testamentserbin machen konnte.
Mit ihrer Beschwerde hat die Beteiligten zu 1) vorgebracht, die Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament seien, von der gegenseitigen Erbeinsetzung abgesehen, auch nicht wechselbezüglich gewesen. Die vorverstorbene Ehefrau habe den Erblasser nicht nur deshalb bedacht, weil ihre Schwester … das Haus habe erben sollen. Davon abgesehen habe die Anfechtungsfrist auch nicht spätestens am 16.03.1993 zu laufen begonnen. Der Erblasser habe vielmehr ausweislich des notariellen Testaments das gemeinschaftliche Testament infolge der Tatsache seiner erneuten Eheschließung für unwirksam bzw. für nicht mehr bindend gehalten. Diese falsche Beurteilung der Rechtslage sei beachtlich. Die Bewilligung eines Nießbrauchs sei erfolgt, um die Beteiligte zu 1) unterhalb der Eigentumsübertragung zu Lebzeiten des Erblassers abzusichern.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dabei darauf verwiesen, daß der Nießbrauch erst nach dem Tod des Erblassers eingetragen worden sei. Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 1) durch Beschluß vom 19.06.1998 zurückgewiesen. Das Landgericht hat ausgeführt, die Erbeinsetzung von … sei wechselbezüglich gewesen. Gleiches gelte auch für die Anordnungen über die Zuwendung von Bargeld an nahe Angehörige des …. Die Beteiligte zu 1) habe das gemeinsame Testament auch nicht mehr wirksam anfechten können, weil die Anfechtungsfrist am 0...