Normenkette
ZPO § 123; GKG §§ 54, 58
Verfahrensgang
LG Kassel (Aktenzeichen 8 O 2168/01) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin beim LG Kassel vom 19.8.2002 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 89,42 Euro zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Erinnerung des Beklagten ist als sofortige Beschwerde statthaft (§§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ZPO), fristgerecht erhoben (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 567 Abs. 2 S. 2 ZPO).
Das Rechtsmittel bleibt in der Sache selbst aber ohne Erfolg. Der Beklagte hat es im Prozessvergleich vom 5.3.2002 übernommen, die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen (§ 92 Abs. 1 S. 2 ZPO), weshalb er die insgesamt von der Klägerin vorgeschossenen Gerichtskosten zur Hälfte an die Klägerin zu erstatten hat. Dass dem Beklagten durch Beschluss der Zivilkammer vom 5.7.2002 Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, hat gem. § 123 ZPO auf seine Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss, daher können nach § 58 Abs. 2 S. 2 GKG auch vom Gegner gezahlte Gerichtskosten vom Vergleichsschuldner zu erstatten sein.
Allerdings hat das BVerfG durch Beschluss vom 23.6.1999 (BVerfG v. 23.6.1999 – 1 BvR 984/89, MDR 1999, 1089) für den Fall, dass ein unbemittelter Beklagter durch gerichtliche Entscheidung in Gerichtskosten verurteilt worden ist, § 123 ZPO aus Gründen der Gleichbehandlung bedürftiger Kläger und bedürftiger Beklagter dahin eingeschränkt, dass eine Erstattungspflicht nicht begründet ist, vielmehr die Staatskasse dem obsiegenden Kläger die sonst vom bedürftigen Beklagten zu erstattenden, weil vom Kläger verauslagten Gerichtskosten zu ersetzen, d.h. an den Kläger zurückzuzahlen hat. Das BVerfG hat freilich in der gleichen Entscheidung ausgesprochen, dass es sachlich begründet ist, den Schutz des § 58 Abs. 2 S. 2 GKG nicht auf die Fälle des gerichtlichen Vergleichs zu erstrecken, da die Beendigung des Rechtsstreites durch gerichtlichen Vergleich, der auch von anderen Erwägungen als dem der Anspruchsberechtigung getragen werden kann, die Gefahr einer Manipulation der Prozessparteien hinsichtlich der Gerichtskosten zu Lasten der Staatskasse in sich bergen kann.
Soweit der 12. Zivilsenat des OLG Frankfurt am Main (OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.11.1999 – 12 W 258/99, OLGReport Frankfurt 2000, 21) § 58 Abs. 2 S. 2 GKG im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahin interpretiert, dass die Haftungsbefreiung des Zweitschuldners auch dann anzunehmen sei, wenn der Mittellose ein Übernahmeschuldner nach § 54 Nr. 2 GKG sei (in diesem Sinne auch LG Berlin v. 18.11.1998 – 84 T 753/98, NJW-RR 1999, 1087; vgl. auch Egon Schneider in Anmerkung zu der vorzitierten Entscheidung des BVerfG v. 23.6.1999 – 1 BvR 984/89, MDR 1999, 1090), vermag sich der Senat – insoweit der h.M. (vgl. OLG Zweibrücken Rpfleger 2002, 33; OLG München v. 21.6.2001 – 11 W 1597/01, FamRZ 2002, 257; OLG Hamm v. 26.7.2001 – 23 W 232/01, OLGReport Hamm 2002, 162; Wedel, JurBüro 2000, 397; Schütt, MDR 2000, 668 – die beiden letzteren m. zahlreichen w.N.) folgend – dem nicht anzuschließen. Das BVerfG hat im oben zitierten Beschluss selbst klargestellt, dass die unterschiedliche Behandlung von freiwilliger Kostenübernahme durch den einen Vergleich schließenden Mittellosen einerseits, des durch Gerichtsentscheidung zur Kostentragung verurteilten Mittellosen andererseits „sachlich begründet” ist. Ob insoweit sogar die Bindungswirkung der zum selben Ergebnis kommenden Entscheidung des BVerfG im Beschluss vom 13.6.1979 (BVerfG, Beschl. v. 13.6.1979, NJW 1979, 2608) nach § 31 BVerfG eingreift (so Schütt, MDR 2000, 668), mag offen bleiben. Jedenfalls nötigt nichts zu einer Abweichung vom Wortlaut des § 58 Abs. 2 S. 2 GKG, der nur für den Entscheidungsschuldner nach § 54 Nr. 1 GKG gilt, nicht aber für den Übernahmeschuldner (§ 54 Nr. 2 GKG), also den, der sich in Kenntnis seiner Mittellosigkeit vergleichsweise selbst zum Kostenschuldner macht. Vereinbarungen zu Lasten der Staatskasse kann nur so wirksam begegnet werden. Die vom 12. Zivilsenat des OLG Frankfurt am Main in der oben zitierten Entscheidung für ausreichend erachtete Kontrolle missbräuchlich zu Lasten der Staatskasse abgeschlossener Kostenvergleiche, nämlich die Überprüfung solcher Vergleiche darauf, ob die Kostenregelung des Vergleichs einen „klar zu Tage tretenden Missbrauch zu Lasten der Staatskasse” darstellt, so etwa bei „grober Divergenz der von der unbemittelten Partei übernommenen Leistungsquote zur Kostenquote”, ist – zumal im Kostenfestsetzungsverfahren – kaum zu leisten und jedenfalls nicht praktikabel.
Da die sofortige Beschwerde ohne Erfolg bleibt, hat der Beklagte gem. § 97 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist entspr. § 3 ZPO gem. dem Interesse des Beklagten am Beschwerdeerfolg festgesetzt worden.
Mit Rücksicht auf ...