Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Eingreifen der Ausnahmeregelung aus § 6 Abs. 2 Nr. 2 FPersG i. V. m. Art. 4 Nr. 6 der Verordnung (EWG) Nr.3820/85 zugunsten der Deutschen Post AG
Leitsatz (amtlich)
›Die Ausnahmeregelung aus § 6 Abs. 2 Nr. 2 FPersG i.V.m. Art. 4 Nr. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 greift zugunsten der Deutschen Post AG nicht ein.‹
Verfahrensgang
AG Limburg a.d. Lahn (Aktenzeichen 1 OWi - 7 Js 14677/04) |
Gründe
I.
Das Amtsgericht Limburg, Zweigstelle Hadamar, setzte durch Urteil vom 23. März 2005 gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 300 EUR fest, weil er es vorsätzlich unterlassen habe, als Verantwortlicher im Sinne des Fahrpersonalgesetzes die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Beachtung der Aufzeichnungspflicht zu gewährleisten.
Das Amtsgericht vertrat dabei die Auffassung, die Ausnahmeregelung aus § 6 Abs. 2 Nr. 2 FPersG i.V.m. Art. 4 Nr. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 greife zugunsten der Deutschen Post AG nicht ein.
Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen ist der Betroffene bei der Deutschen Post AG in O1 beschäftigt und bekleidet dort die Funktion des Abteilungsleiters für den Bereich Verkehr der Briefniederlassung. Im Rahmen der Einstellung des Fahrers und Zeugen Z1 hatte der Betroffenen diesen in seinen Tätigkeitsbereich eingeführt und dabei darauf hingewiesen, dass er formalisierte Aufzeichnungen über seine Arbeitszeit als Kraftfahrer nicht machen müsse. Grund hierfür war, dass der Betroffene aufgrund eines von der Deutschen Post AG eingeholten Rechtsgutachtens des Prof. Dr. SV1, O2, aus dem Jahre 1999 sowie verschiedener Urteile des Amtsgerichts Zehdenick der Auffassung war, für die Fahrzeuge der Deutschen Post AG gelte die Ausnahmevorschrift des Art. 4 Nr. 6 der Verordnung (EWG) 3820/85. Der Fahrer Z1 stellte am 22. Oktober 2003 für die Deutsche Post AG mit dem Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen ..., dessen zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t betrug, Pakete zu, ohne Tageskontrollblätter oder sonstige Arbeitszeitnachweise mitzuführen.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein, mit welcher er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Der Einzelrichter hat die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, da es geboten sei, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen (§ 80a Abs. 3 OWiG).
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch wegen eines vorsätzlichen Verstoßes des Betroffenen gegen § 6 Abs. 6 S. 7 FPersG (a.F.).
Die Feststellung des Amtsgerichts, der Betroffene als verantwortlicher Abteilungsleiter der Deutschen Post AG (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG) habe schuldhaft nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um die Einhaltung der Pflichten des mit der Auslieferung von Paketen betrauten Zeugen Z1 aus § 6 Abs. 6 S. 1-6 FPersG a.F. - die Führung von Aufzeichnungen über Lenkzeiten, sonstige Arbeitszeiten, Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten - zu gewährleisten, ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
a) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 FPersV a. F. (in der seit dem 02. Juli 2005 geltenden Fassung die inhaltsgleichen §§ 21 Abs. 1 Nr. 2, 1 Abs. 6 FPersV) müssen Fahrer von Fahrzeugen, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t beträgt, sofern diese Fahrzeuge nicht nach § 6 Abs. 2 FPersV hiervon ausgenommen sind, Aufzeichnungen über die Lenkzeiten, alle sonstigen Arbeitszeiten, die Lenkzeitunterbrechungen und die Ruhezeiten führen, und zwar für jeden Tag getrennt, wobei sie die Aufzeichnungen der laufenden Woche und des letzten Tages der Vorwoche, an dem gefahren wurde, mitzuführen und den zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen haben. Nach § 6 Abs. 6 S. 7 FPersV a. F. (jetzt § 1 Abs. 6 S. 7 FPersG) ist der Unternehmer verpflichtet, die Aufzeichnungen wöchentlich, oder, im Falle der Verhinderung, sobald wie möglich zu prüfen und unverzüglich die Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um die Beachtung der Sätze 1-6 zu gewährleisten. Wer als Unternehmer oder von diesem beauftragte Person (§ 9 Abs. 2 OWiG) eine Maßnahme nach S. 7 nicht oder nicht rechtzeitig ergreift, handelt ordnungswidrig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 FPersG (§8 Nr. 2d FPersV).
Der Betroffene als Beauftragter der Deutschen Post AG hat bereits durch seinen Hinweis an den Fahrer Z1, formalisierte Aufzeichnungen über seine Arbeitszeit nicht anfertigen zu müssen, gegen seine Verpflichtungen aus § 6 Abs. 6 S. 7 FPersV a.F. verstoßen.
b) Der Betroffene kann sich nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des Art. 4 Nr. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 berufen. Zwar greifen nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 FPersV die Pflichten aus § 6 Abs. 6 FPersV nicht bei Fahrzeugen, welche in Art. 4 Nrn. 4-13 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 genannt sind; nach Art. 4 Nr. 6 dieser Verordnung gilt diese u.a. nicht für Beförderunge...