Leitsatz (amtlich)

Auf den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt muss sich das volljährige Kind eine erhaltene Ausbildungsversicherung als eigenes Vermögen ohne Schonbetrag anrechnen lassen.

 

Normenkette

BGB §§ 1602, 1610

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Aktenzeichen 531 F 47/02 UE)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragstellerin wird für den 1. Rechtszug Prozesskostenhilfe für folgenden Antrag bewilligt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin, beginnend am 1.6.2002 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 223 Euro zu zahlen.

Es wird Rechtsanwalt X. Naststätten, zu den Bedingungen eines in Wiesbaden ansässigen Rechtsanwaltes beigeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig. Sie unterliegt den seit 1.1.2002 geltenden Bestimmungen, nach denen gem. der §§ 127 Abs. 2, 568 ZPO der Einzelrichter entscheidet.

Die Beschwerde ist auch in den zugesprochenen Umfang begründet. Die Klägerin hat ausreichend glaubhaft gemacht, dass ihr zumindest ab Juni 2002 der geltend gemachte Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ggü. dem Beklagten zusteht.

Dem steht die Zahlung der Ausbildungsversicherung durch den Beklagten nur für den Zeitraum vor dem 1.6.2002 entgegen, da die Verrechnung des überwiesenen Geldes mit dem Bedarf der Klägerin deren Bedürftigkeit ggü. dem Beklagten nur bis Ende Mai 2002 entfallen lässt.

Der Bedarf der Klägerin belief sich ab 1.1.2002, wie von ihr beziffert, entspr. den aktuellen Unterhaltsgrundsätzen des OLG Frankfurt (Stand 1.7.2001) auf monatlich 600 Euro, bzw. für den Zeitraum vor dem 31.12.2001 auf monatlich 1.175 DM. Denn die volljährige Klägerin lebt in einem eigenen Haushalt mit ihrem Freund zusammen. Von einer Absenkung ihres Bedarfs ist wegen des Zusammenlebens mit ihrem Freund ist PKH-Verfahren nicht auszugehen, da zum einem nicht ersichtlich ist, dass der Freund der Klägerin ausreichend leistungsfähig ist und zum anderen ein widersprüchlicher Vortrag durch den Beklagten darin gesehen wird, dass die Klägerin zum einen allein den Haushalt führen soll und zum anderen aber unstreitig studiert.

Die Klägerin hat ausreichend glaubhaft gemacht, dass entspr. ihrem Vortrag beide Elternteile in etwa das gleiche Einkommen haben, so dass die Hälfte des klägerischen Bedarfs auf den Beklagten entfällt. Eine Verschiebung der Barunterhaltsgewichte durch die Anrechnung eines Wohnvorteils bei der Mutter der Klägerin ist nicht vorzunehmen, da durch die Vorlage des Mietvertrages das kostenpflichtige Wohnen der Mutter der Klägerin belegt ist. Die Hälfte des Bedarfs belief sich im Jahr 2001 auf 587,50 DM, beginnend ab 1.6.2001. Denn ab diesem Zeitpunkt ist Verzug durch das Schreiben der Klägerin vom 25.6.2001 eingetreten (vgl. § 1613 BGB).

Das der Beklagte bis einschl. Februar 2002 das komplette Kindergeld bezogen hat, ist dem Bedarfsbetrag das hälftige Kindergeld von 135 DM im Jahr 2001 pro Monat und 77 Euro pro Monat im Jahr 2002 hinzuzurechnen. Diese Anrechnungsregel ergibt sich aus § 1612b Abs. 2 BGB. Die Summe von monatlich 722,50 DM verringert sich für den Zeitraum von Juni bis November 2001 um monatlich 200 DM, da der Beklagte entspr. Beträge an die Klägerin überwiesen hat. Der Bedarf der Klägerin beläuft sich dann von Juni bis einschl. November 2001 auf 6 × 522,50 DM = 3.135 DM (1.602,90 Euro). Für Dezember 2001 verbleibt es nach obiger Berechnung bei den 722,50 DM (369,41 Euro). Für die Monate Januar und Februar 2002 sind es dann 300 Euro + 77 Euro hälftiger Kindergeldanteil = 2 × 377 Euro. Gezahlt wurde im Februar 2002 ein weiterer Betrag von 443,80 Euro, so dass Rückstände offen bleiben i.H.v. insgesamt 2.282,51 Euro. Auf diese Rückstände sowie auf die folgenden 3 Monate × 300 Euro – 77 Euro Kindergeldanteil = 223 Euro ist die hälftige Ausbildungsversicherung zu verrechnen, die hierdurch verbraucht wird. Die Hälfte von den gezahlten 5.963 Euro sind 2.981,50 Euro. Abzüglich 2.282,51 Euro verbleiben 698,99 Euro. Dieser Betrag reicht bei einem Bedarf von 223 Euro pro Monat für ca. 3 Monate.

Die Klägerin hat ausreichend schlüssig dargelegt, dass dieser Betrag nur hälftig den Beklagten aus dessen Leistung anzurechnen ist. Nach ihrem Vortrag war die Ausbildungsversicherung von den Eltern gemeinsam abgeschlossen worden, wobei man sich geeinigt hat, dass die Versicherung auf den Namen des Beklagten laufen sollte. In die Versicherung sei in der Ehezeit vom gemeinsam erwirtschafteten Einkommen eingezahlt worden. Damit deckt sich, dass laut Nachtrag zur Versicherung vom 20.8.1992 die Versicherung am 1.3.1990 begonnen hat, also, als die Parteien noch zusammen lebten. Die Scheidung erfolgte erst im Februar 2000. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten wurde die Ausbildungsversicherung mit dem monatlichen Kindergeld finanziert, welches nach seinem Zweck beiden Eltern zugute kommen sollte. Damit ist die Ausbildungsversicherung als Leistung beider Eltern anzusehen und de...

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