Leitsatz (amtlich)
Die Frist zur Mitteilung von Einwendungen, ergänzenden Anträgen und Fragen zu dem im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachten knüpft an die Vorlage des Ausgangsgutachtens, nicht an die Vorlage eines nach §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 ZPO eingeholten Ergänzungsgutachtens an.
Normenkette
ZPO § 411 Abs. 4, § 492 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 27.10.2005; Aktenzeichen 4 OH 9/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 5) gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 27.10.2005 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin zu 5) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 255.645,94 EUR.
Gründe
1. Aufgrund Antrages vom 18.3.2002 im selbständigen Beweisverfahren ordnete das LG die Erhebung des Sachverständigenbeweises über die Behauptung der Antragstellerin an, von ihr in Auftrag gegebene Bauleistungen seien nur mangelhaft erbracht worden. Nachdem gegen das am 12.5.2004 vorgelegte Gutachten Einwände erhoben und ergänzende Fragen gestellt worden waren, beauftragte das LG den Gutachter mit Beschl. v. 4.8.2004, ergänzend Stellung zu nehmen. Er legte sein Ergänzungsgutachten am 6.6.2005 vor, und das LG leitete Gutachtenausfertigungen am 9.6.2005 an die Verfahrensbeteiligten weiter.
Mit Schreiben vom 25.8.2005 kündigte die Antragsgegnerin zu 5) an, "weitere Ergänzungsfragen stellen zu wollen" und wies darauf hin, der angemessene Zeitraum hierzu betrage aus ihrer Sicht 4 Monate. Mit Schriftsatz vom 15.5.2005 beantragte die Antragsgegnerin zu 5) - nunmehr anwaltlich vertreten - den Sachverständigen ergänzend zu befragen bzw. ein Ergänzungsgutachten einzuholen.
Diesen Antrag hat das LG zurückgewiesen; dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde vom 14.11.2005 mit dem Antrag, unter Aufhebung des Beschlusses des LG Darmstadt vom 27.10.2005 dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. A. den Schriftsatz der Antragsgegnerin zu 5) vom 15.9.2005 zuzustellen und ihm durch gerichtlichen Beschluss aufzugeben, zu den Ausführungen der Antragsgegnerin zu 5) im Schriftsatz vom 15.9.2005 und den dort formulierten Ergänzungsfragen im Wege eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens Stellung zu nehmen, hilfsweise den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seiner Gutachten vom 30.4.2004 sowie vom 3.6.2005 zu laden und ihm im Beschlusswege aufzugeben, sich bei seiner Anhörung mit den im Schriftsatz der Antragsgegnerin zu 5) aufgeführten Ergänzungsfragen bzw. ergänzenden Beweisthemen auseinanderzusetzen.
2. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das LG hat das selbständige Beweisverfahren zurecht für beendet erachtet und deshalb von einer ergänzenden Beweiserhebung abgesehen.
Das Beweisverfahren ist grundsätzlich bereits mit der Vorlage des Gutachtens beendet; damit war das hier vorliegende Verfahren - ebenso: grundsätzlich - bereits mit der Vorlage des Gutachtens vom 30.4.2004 beendet. Nachdem das LG eine ergänzende Begutachtung angeordnet hatte, trat - erneut: grundsätzlich - eine Verfahrensbeendigung mit Vorlage des Ergänzungsgutachtens und dessen Mitteilung an die Parteien ein (BGHZ 150, 58; OLG Saarbrücken v. 29.4.1999 - 4 W 94/99-10, OLGReport Saarbrücken 1999, 409).
Zurecht zwar weist die Antragsgegnerin zu 5) - wovon auch das LG ohne weiteres ausgeht - darauf hin, dass der Grundsatz einer Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens mit Vorlage des Gutachtens und dessen Mitteilung an die Parteien eine Ausnahme dann erfährt, wenn innerhalb angemessener Frist nach Vorlage des Gutachtens Einwendungen vorgebracht, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zum schriftlichen Gutachten gestellt werden; dies folgt aus §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 ZPO. Welche Frist zur Mitteilung von Einwendungen und zur Einreichung ergänzender Anträge oder Fragen angemessen ist, lässt sich nicht allgemein bestimmen; angesichts des Eilcharakters des selbständigen Beweisverfahrens wird die Frist allerdings - worauf das LG zu Recht hingewiesen hat - regelmäßig eher knapp zu bemessen sein. Das Beschwerdegericht ist deshalb nicht geneigt, mit der Antragsgegnerin zu 5) davon auszugehen, regelmäßig sei von einem Zeitraum von mehr als 3 Monaten auszugehen. Schon im Streitverfahren wäre eine 3 Monate übersteigende Frist außerordentlich ungewöhnlich; eine solche Frist würde die als Vergleichsmaßstab durchaus einschlägige Regelfrist zur Berufungsbegründung deutlich überschreiten.
Aber dieser Aspekt bedarf keiner letztendlichen Klärung: Denn die Frist zur Mitteilung von Einwendungen, ergänzenden Anträgen und Fragen knüpft an die Vorlage des Ausgangsgutachtens, nicht an die Vorlage eines nach §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 ZPO eingeholten Ergänzungsgutachtens an, dies jedenfalls dann, wenn nicht gerade das Ergänzungsgutachten neuen, vom Inhalt des "eigentlichen" Gutachtens abweichenden Klärungsbedarf geboten hat. Auch wenn das selbständige Beweisverfahren - worauf die Antragsgegnerin zu 5) zurecht hinweist - in einem verfahrensökonomisch rel...