Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Kostenfestsetzung ist unter Anwendung der in Teil 3, Vorbemerkung 3, Ziff. 4 VV RVG getroffenen Regelung auf die anwaltliche Verfahrensgebühr (Ziffer 3500 RVG) die Hälfte einer zum selben Gegenstand angefallenen Geschäftsgebühr (Ziffer 2300 RVG) maximal eine 0,75fache Gebühr anzurechnen.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-19 O 81/07) |
Gründe
I.
Die Parteien haben vor dem Landgericht Frankfurt am Main gestritten. Dem Kläger ist durch die Beschlüsse vom 20.8.2007 und 25.1.2008 ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und der Beschwerdegegner beigeordnet worden. Der Rechtsstreit ist durch Vergleich beendet worden. Unter Anrechnung eines aus der Staatskasse bereits gezahlten Vorschusses von EUR 371,88 hat der Rechtspfleger des Landgerichts am 19.5.2008 auf den Antrag des Beschwerdegegners vom 5.5.2008 eine weitere Vergütung zu Gunsten des Beschwerdegegners von EUR 388,23 festgesetzt. Er hat dabei eine 0,65fache Geschäftsgebühr nach § 13 RVG zum Abzug gebracht, da der Beschwerdegegner mit Schriftsatz vom 5.5.2008 (Bl. 145 d.A.) mitgeteilt hatte, es sei für die vorgerichtliche Anwaltstätigkeit eine Geschäftsgebühr aus dem Klagestreitwert entstanden und der Kläger in der Klageschrift unter anderem den Ersatz einer Geschäftsgebühr in 1,3facher Gebührenhöhe geltend gemacht hatte (Bl. 66 d.A.). Der Rechtspfleger hat allerdings die Auffassung vertreten, es habe mindestens eine 0,55fache Verfahrensgebühr nach § 49 RVG zu verbleiben.
Auf die sofortige Beschwerde vom 28.5.2008 hat das Landgericht durch richterlichen Beschluss vom 30.6.2008 die (weitere) Vergütung auf EUR 589,05 festgesetzt und die angegriffene Entscheidung des Rechtspflegers entsprechend abgeändert. Gegen diesen Beschluss hat die Staatskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor des Landgerichts, am 11.7.2008 Beschwerde eingelegt und die Festsetzung gerügt, soweit ein Gesamtvergütungsbetrag von EUR 760,11 überschritten wird. Das Landgericht hat die Akte unter Nichtabhilfe vorgelegt (Beschluss vom 7.8.2008).
II.
1. Die Beschwerde der Staatskasse ist zulässig, §§ 56 II S.1; 33 III, IV RVG. Insbesondere ist die in § 33 III S.1 ZPO genannte Mindestbeschwer überschritten und die Beschwerdefrist (§ 33 III S. 3 RVG) gewahrt.
2. Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg, denn die an den Beschwerdegegner zu gewährende Vergütung ist durch das Landgericht unzutreffend festgesetzt worden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Kostenfestsetzung unter Anwendung der in Teil 3, Vorbemerkung 3, Ziff. 4 VV RVG getroffenen Regelung auf die anwaltliche Verfahrensgebühr (Ziffer 3500 RVG) die Hälfte einer zum selben Gegenstand angefallenen Geschäftsgebühr (Ziffer 2300 RVG), maximal eine 0,75fache Gebühr anzurechnen. Dabei spielt es für den festzusetzenden Erstattungsanspruch keine Rolle, ob die Geschäftsgebühr durch den Rechtsanwalt gegenüber dem Kostengläubiger, seinem Mandanten, geltend gemacht, von diesem beglichen oder gegenüber dem Kostenschuldner tituliert wurde. Ebenfalls unerheblich ist, ob dem Kostengläubiger ein materiellrechtlicher Anspruch auf Erstattung der Geschäftsgebühr gegenüber dem Kostenschuldner zusteht (siehe etwa die Entscheidungen des Senats zu Az.: 18 W 275/07 [RVGreport 2007, 476], Az.: 18 W 283/07 [ZfSch 2008, 47], Az.: 18 W 296/07, aber auch des 6. Senats zu Az.: 6 W 170/07).
An dieser Rechtsprechung, die der Senat zunächst unter anderem auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Az: VIII ZR 86/06 vom 7.3.2007 (NJW 2007, 2059) stützte, ist insbesondere im Hinblick auf deren Bestätigung durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22.1.2008 (Az.: VIII ZB 57/07, AGS 2008, 158) und eine mittlerweile gefestigte Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa Beschlüsse vom 30.4.2008, Az.: III ZB 8/08 und vom 3.6.2008, Az.: VI ZB 55 [sämtlich zitiert nach juris]) festzuhalten.
Wie der Beschwerdegegner dem Gericht selbst mitgeteilt hat, ist aus dem Klagestreitwert eine Geschäftsgebühr zu seinen Gunsten angefallen (Schriftsatz vom 5.5.2008, Bl. 146 d.A.). Deren Höhe ist in Ermangelung anderslautender Anhaltspunkte auf den 1,3fachen Regelgebührensatz zu bemessen. Dies entspricht im Übrigen dem in der Klageschrift gehaltenen Klägervortrag.
Die nach § 13 RVG berechnete Geschäftsgebühr reduziert in Anwendung der oben geschilderten Grundsätze die von der Staatskasse an den Beschwerdegegner auszugleichende Verfahrensgebühr (wie hier OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.5.2008, Az.: 2 WF 81/08; OLG Celle, Beschluss vom 13.11.2008, Az.: 20 WF 312/08; OLG Dresden, Beschluss vom 26.11.2008, Az.: 20 WF 839/08; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2008, Az.: 10 W 109/08, sämtlich zitiert nach juris).
Wird der Rechtsanwalt einer Partei unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordnet, ist die Staatskasse nach § 45 I RVG Gebührenschuldner. Auch gegenüber der Partei bleibt der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts bestehen, jedoch gilt nach § 122 I Ziff. 3 ZPO eine Forderungssperre. Durch die Staatsk...