Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung des Rechtsmittels auf den Gesamtstrafenausspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beschränkt sich die Begründung der von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision in ihren rechtlichen Ausführungen nur auf die Gesamtstrafenbildung, so liegt darin die - im Wege der Auslegung ermittelte - Beschränkung der Rechtsmittelanfechtung auf diesen Anspruch.

2. Innerhalb des Rechtsfolgenausspruches ist die Gesamtstrafenbildung von dem nicht angegriffenen Teile der Einzelstrafen jedenfalls dann einer getrennten Beurteilung zugänglich, wenn keine Rechtsfehler beim Zumessungsakt der Gesamtstrafenbildung geltend gemacht werden, sondern die Bildung der Gesamtstrafe als solche für unzulässig erachtet wird, und zudem die Gesamtfreiheitsstrafe im angefochtenen Urteil ohne jede Bezugnahme auf die für die Festsetzung der Einzelstrafen getroffenen Erwägungen begründet wird.

3. Eine im Urteil erfolgte, vom Rechtsmittelangriff ausgenommene Sicherungseinziehung gem. § 74 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. StGB steht der Beschränkung auf den (Gesamt-)Strafausspruch nicht entgegen.

4. Die Anfechtung des Gesamtstrafenausspruchs kann auch unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung einer auf Grund charakterlicher Mängel des Angeklagten erfolgten Anordnung der isolierten Sperrfrist nach § 69a StGB erfolgen, wenn sich ausnahmsweise die Entscheidung über die Maßregel unabhängig von den Gesamtstrafenerwägungen beurteilen lässt, es z.B. ausschließlich um die rechtliche Zulässigkeit der Gesamtstrafenbildung auf dem Boden der getroffenen oder verwerten Feststellungen des angefochtenen Urteils geht.

5. Hat die Staatsanwaltschaft ihre auf die Gesamtstrafe beschränkte Revision mit dem ausschließlichen Ziel, diese mit dem Gesetz in Einklang zu bringen, eingelegt und entfaltet die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs im Ergebnis nur den Angeklagten begünstigende Wirkungen, kann nach § 349 Abs. 2 StPO verfahren werden.

 

Normenkette

StGB §§ 54-55, 69a, 74 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2; StPO §§ 318, 349 Abs. 2, 4, § 354 Abs. 1b

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Entscheidung vom 27.08.2013; Aktenzeichen 9421 Js 18272/13 - 20 Ds)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Gesamtstrafenausspruch mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

Die Kosten der Revision und die insoweit entstanden notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 27.08.2013 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Kassel - Zweigstelle Hofgeismar - vom 13.02.2013 unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren. Weiterhin verurteilte es ihn wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten. Den sichergestellten, nach den Feststellungen nicht dem Angeklagten sondern seiner Lebensgefährtin gehörenden, PKW, amtliches Kennzeichen ..., zog es ein und ordnete schließlich eine isolierte Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von 2 Jahren an.

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft mit am 28.08.2013 eingegangenem Schriftsatz Rechtsmittel eingelegt. Nachdem ihr das schriftliche Urteil am 10.10.2013 zugestellt worden war, hat die Staatsanwaltschaft mit Schriftsatz vom 25.10.2013, beim Amtsgericht eingegangenen am 31.10.2013, das Rechtsmittel als Revision bezeichnet, die "Verletzung sachlichen Rechts, insbesondere des § 54 StGB" gerügt und ausgeführt, das Amtsgericht habe in Verkennung der Zäsurwirkung des vom Amtsgericht Kassel - Zweigstelle Hofgeismar - am 13.02.2013 einbezogenen Urteils desselben Gerichts vom 30.04.2012 eine unzulässige Gesamtstrafe gebildet. Vielmehr hätte das Amtsgericht eine Gesamtstrafe allein aus den im vorliegen Verfahren verhängten Freiheitsstrafen bilden müssen. Mit Schriftsatz vom 06.04.2014, gerichtet an die Generalstaatsanwaltschaft, beim Oberlandesgericht eingegangen am 28.04.2014, hat die Staatsanwaltschaft erklärt, dass "die Revision dahingehend beschränkt wird, dass lediglich der Rechtsfolgenausspruch angegriffen wird".

II.

Das Rechtsmittel, das die Staatsanwaltschaft - in zulässiger Weise (vgl. nur Meyer-Goßner, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 335 Rn 2 und 9 mwN) - innerhalb der Revisionsbegründungsfrist als Revision bezeichnet hat, ist auf die Anfechtung des Gesamtstrafenausspruchs beschränkt.

Durch die zunächst ohne Einschränkung erfolgte Einlegung des Rechtsmittels wurde die Rechtskraft zwar zunächst in vollem Umfange gehemmt, durch die innerhalb der Frist des § 345 I StPO abzugebende Erklärung nach § 344 I StPO wurde jedoch der Umfang der Anfechtung des bis dahin noch nicht rechtskräftigen Urteils auf die Anfechtung des Gesamtstrafenausspruches konkretisiert (vgl. BGHSt 38, 366 = juris Rn 4).

Zwar wird in der Begründungsschrift "die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 54 StGB gerügt". Die Revisionsbegründung enthält aber in den nachfolgenden...

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